Lesedauer: 5 minuten
Corona-Shutdown: Von der Leyen appelliert an Solidarität und Respekt
EU-Ticker

15.04.20 (ams). EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Hoffnungen auf einen raschen Exit oder baldigen Grenzöffnungen eine klare Absage erteilt. Benötigt werde ein sorgfältig austarierter, koordinierter und abgestufter Ansatz sowie Respekt und Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten, heißt es in einem Papier, das von der Leyen am Mittwoch (15. April) gemeinsam mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, vorgestellt hat. Die europäischen Länder seien unterschiedlich stark betroffen, darum könne man auch bei Lockerungen "nicht alle über einen Kamm scheren", sagte von der Leyen.
Der gemeinsame Fahrplan nennt drei Vorbedingungen, die für eine Lockerung der Maßnahmen erfüllt sein müssen: Epidemiologische Kriterien müssen belegen, dass die Ausbreitung des Virus zurückgegangen ist und die Lage sich stabilisiert hat. Die Kapazitäten im Gesundheitssystem müssen für die Versorgung sowohl von Corona- als auch von anderen Patienten ausreichen. Außerdem müssen umfangreiche Testkapazitäten und ausreichende Kapazitäten zur Ermittlung und Isolierung infizierter Personen zur Verfügung stehen. Der heute vorgestellte Fahrplan umfasst auch flankierende Maßnahmen, die eine schrittweise Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen begleiten sollen.
Für den 4. Mai kündigte von der Leyen eine Online-Geberkonferenz an, um die Mittel für die Entwicklung und Herstellung eines solchen Impfstoffs zu sammeln und unmittelbare Finanzierungslücken zu schließen. Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu überwinden, seien massive Investitionen erforderlich, so von der Leyen. "Wir sprechen hier nicht über Milliarden, wir sprechen über Billionen." Der neue EU-Haushalt werde "die europäische Antwort auf die Corona-Krise sein", sagte die Kommissionspräsidentin.
Corona-Impfstoff: EMA-Chefmediziner fordert koordiniertes Vorgehen
15.04.20 (ams). Der Chefmediziner der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), Prof. Hans-Georg Eichler, warnt angesichts der Vielzahl kleiner Studien für einen Corona-Impfstoff vor Ineffizienz. "Wir beobachten, dass gerade viele kreative Wissenschaftler dabei sind, ihre Hypothesen zu beweisen. Aber nichts wäre schlimmer als eine vielversprechende Therapie, die wir ohne aussagekräftige Daten über Nutzen oder mögliche Risiken nicht zulassen können. Wir müssen koordiniert und mit großen multinationalen Studien vorgehen", sagte der Pharmakologe dem AOK-Forum "Gesundheit + Gesellschaft" (G+G). Die EMA ist für die Zulassung eines Impfstoffes in der EU zuständig.
Das Thema Covid-19 habe oberste Priorität. Ein Krisenstab sei damit beschäftigt, unterschiedliche Initiativen in die richtigen Bahnen zu lenken und suche nach Möglichkeiten für eine beschleunigte Zulassung, so Eichler gegenüber G+G. Die noch nie dagewesene Situation erfordere es, einen Kompromiss zwischen dem enormen Zeitdruck und ethischen Fragen zu finden. Die EMA stehe etwa in der Frage des Umfangs notwendiger Tierversuche in Kontakt mit den nationalen Behörden. Parallel zur Forschung für neue Impfstoffe gehe es um die Frage, inwieweit vorhandene Arzneimittel auch gegen Covid-19 eingesetzt werden können. Eichler: „Es gibt bereits antivirale Substanzen auf dem Markt, die auch gegen Covid-19 helfen könnten. Wir haben für solche Medikamente bereits viele Daten. Um sie über ihre bisherige Zulassung hinaus einsetzen zu können, müssen wir jetzt prüfen, ob eine mögliche Wirksamkeit gegen Covid-19 tatsächlich den Erwartungen entspricht.“
Verschiebung der Medizinprodukte-Verordnung so gut wie durch
15.04.20 (ams). Der Geltungsbeginn der Verordnung über Medizinprodukte wird um ein Jahr auf den 26. Mai 2021 verschoben. Das sieht ein Vorschlag der EU-Kommission vom 3. April vor. "Mitgliedstaaten, Gesundheitseinrichtungen und Wirtschaftsakteure können so der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie Vorrang geben. Verzögerungen bei der Zertifizierung und beim Inverkehrbringen wichtiger Medizinprodukte sind im Moment keine Option", sagte EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas (Griechenland) zur Begründung. Die Kommission handele pragmatisch, damit die Industrie ihre gesamte Energie auf das konzentrieren könne, was im Augenblick am notwendigsten sei: die Bekämpfung der weltweiten Pandemie. „Der Vorschlag ist im Grunde schon mit dem Rat und dem Europaparlament abgestimmt“, erläutert der Vertreter der AOK in Brüssel, Evert Jan van Lente. "Auch wenn es sehr bedauerlich ist, dass es zu einer Verschiebung kommt, werden die beiden Institutionen das nicht in Frage stellen. Der Druck durch die Covid-19-Krise ist zu groß."
Pharmaindustrie soll Produktion wichtiger Medikamente erhöhen
15.04.20 (ams). EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat die in Europa tätigen Pharmaunternehmen aufgefordert, die Produktion wichtiger Medikamente zu steigern. Dazu stelle die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) eine Liste mit Wirkstoffen zusammen, für die einzelne Mitgliedsländer bereits Engpässe gemeldet hätten oder diese in nächster Zeit erwarten würden. Kyriakides´ Forderung nach Produktionsausweitung betrifft laut Schreiben an die Pharmaverbände auch Medikamente, die sich außerhalb des eigentlichen Zulassungsbereiches (Off-Label-Use) als wirksam gegen das Coronavirus erweisen könnten.
Die EMA hat eine Lenkungsgruppe eingerichtet, die in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden die Versorgung mit wichtigen Medikamenten für die Intensivbehandlung sicherstellen und koordinieren soll. Probleme gibt nach Darstellung der EMA durch Grenzschließungen, eine gesteigerte Nachfrage und Exportverbote. So habe Indien zuletzt für 14 Arzneimittelwirkstoffe ein Ausfuhrverbot erteilt. In Zusammenarbeit mit der Industrie hat die EU-Agentur ein IT-System eingerichtet, über das Unternehmen aktuelle oder zu erwartende Engpässe bei Arzneimitteln an die Lenkungsgruppe melden sollen, die im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie stehen.
Koordiniertes Vorgehen bei Tracking-App und Co.
15.04.20 (ams). Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Nutzung mobiler Anwendungen und mobiler Daten in der Corona-Krise auf Europaebene zu koordinieren. Sie hat dazu bereits ein Papier mit Empfehlungen vorgelegt, die sich insbesondere auf Anwendungen und Daten im Hinblick auf Datensicherheit und Datenschutz beziehen. Nach Darstellung von Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton wäre ein gemeinsames Vorgehen bei den sogenannten Tracking-Apps vor allem mit Blick auf die EU-Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre und des Datenschutzes sinnvoll.
In der Empfehlung für digitale Werkzeuge geht es zum einen um den Einsatz mobiler Anwendungen zur Warnung vor Gefahren, Prävention und Ermittlung von Kontaktpersonen. Ein weiterer Schwerpunkt ist laut Kommission „die Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts für die Modellierung und Vorhersage der Entwicklung des Virus durch anonymisierte und aggregierte Mobilfunk-Standortdaten“. Ziel sei die Analyse von Bewegungsmustern, einschließlich der Auswirkungen von Ausgangsbeschränkungen auf die Intensität der Kontakte und somit die Ansteckungsrisiken. Dazu habe es bereits am 23. März erste Gespräche mit Mobilfunkbetreibern gegeben.