Dossierstempel

Heil- und Hilfsmittel

Hilfsmittel - wenn der Körper Unterstützung braucht

Foto: Wannenlifter

Hilfsmittel sind vom Patienten selbst genutzte Gegenstände, die eine Beeinträchtigung des Körpers ausgleichen, den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern oder einer drohenden Behinderung vorbeugen. Beispiele dafür sind Seh- und Hörhilfen, Rollstühle oder Inkontinenz-Windeln. Hilfsmittel können auch technische Geräte sein, wie beispielsweise Beatmungsgeräte für den häuslichen Gebrauch. Wie Arzneimittel können auch Hilfsmittel von einem Vertragsarzt verordnet werden. Die Produkte werden unter anderem in Sanitätshäusern und Apotheken oder über Homecare-Unternehmen abgegeben. Versicherte können Hilfsmittel aber auch ohne Rezept direkt bei ihrer Krankenkasse beantragen. Krankenkassen dürfen Hilfsmittel auch leihweise überlassen.

8,9 Milliarden Euro hat die GKV 2018 für Hilfmittel ausgegeben. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) regelt die Grundsätze zur Hilfsmittelverordnung per Richtlinie. Ärzte müssen sich bei der Verordnung eines Hilfsmittels laut gesetzlicher Vorgabe an das Wirtschaftlichkeitsgebot halten und daher prüfen, ob es keine günstigere Behandlung gibt, die zum Therapieziel führt. Individuelle Maßanfertigungen dürfen daher nur abgegeben werden, wenn dem Patienten ein Fertigprodukt nicht passt.

Mehr als 30.000 verordnungsfähige Produkte

Das sogenannte Hilfsmittelverzeichnis bietet einen Überblick über alle Hilfsmittel, für die die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Der GKV-Spitzenverband aktualisiert den Katalog nach dem neuesten medizinisch-technischen Stand. Hersteller können die Aufnahme eines Produktes beim GKV-Spitzenverband beantragen. Die Medizinischen Dienste der gesetzlichen Krankenversicherung (MD) prüfen dann den therapeutischen Nutzen des jeweiligen Produktes.

Auch die Pflegekassen übernehmen die Kosten für Hilfsmittel, die Pflegebedürftige zur Unterstützung der Pflege im häuslichen Bereich benötigen. Für solche Produkte gibt es im Hilfsmittelverzeichnis ein eigenes Unterkapitel. Im Februar 2021 waren im Hilfsmittelverzeichnis insgesamt mehr als 30.000 Produkte gelistet.

Preiswettbewerb durch Ausschreibungen

Gesetzlich Versicherte erhalten Hilfsmittel von Leistungserbringern wie beispielsweise Sanitätshäusern. Die Kassen schließen mit den Hilfsmittelerbringern Verträge ab, in denen sie den Leistungsumfang konkretisieren und die Vergütung für die Abgabe vereinbaren. In der Regel verhandeln die Kassen die Vertragsdetails direkt mit den Verbänden der Leistungserbringer.

Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurde die Hilfsmittelabgabe 2007 schrittweise reformiert und mehr Wettbewerb unter den einzelnen Leistungserbringern geschaffen. Seitdem können Krankenkassen die Hilfsmittelabgabe auch ausschreiben. In diesem Fall erhält der Patient das Produkt ausschließlich von dem Leistungserbringer, der als Ausschreibungsgewinner einen Vertrag mit der jeweiligen Krankenkasse abgeschlossen hat. Die Spitzenorganisationen der Hilfsmittelerbringer und der GKV-Spitzenverband haben Empfehlungen dazu herausgegeben, wann Ausschreibungen zweckmäßig sind.

Wichtige Links zum Thema Hilfsmittel:

Hilfsmittelerbringer müssen verschiedene Qualitätsanforderungen erfüllen, wenn sie Hilfsmittel an gesetzlich Versicherte Patienten abgeben möchten. Die Leistungserbringer müssen vor Vertragsabschluss mit einer Krankenkasse nachweisen, dass sie alle Eignungskriterien erfüllen.

Um zu vermeiden, dass durch die diversen Vertragsabschlüsse mit den unterschiedlichen Krankenkassen ebenso viele Eignungsprüfungen entstehen, haben der GKV-Spitzenverband und die Verbände der Leistungserbringer das sogenannte Präqualifizierungsverfahren.

 vereinbart. Dabei können die Hilfsmittelerbringer gegenüber sogenannten Präqualifizierungsstellen (PQS) einmalig nachweisen, dass sie für die Abgabe geeignet sind. Die Bestätigungen der PQS sind von allen Kassen anzuerkennen und gelten fünf Jahre lang. Um die Präqualifizierung möglichst einheitlich und transparent zu gestalten, veröffentlicht der GKV-Spitzenverband für jede Hilfsmittelgruppe regelmäßig Empfehlungen dazu, welche Eignungskriterien zu erfüllen sind.

Bundesweite Regelung für Kostenübernahme

Um Wirtschaftlichkeitsreserven im Hilfsmittelbereich abzubauen, bestimmt der GKV-Spitzenverband laut gesetzlicher Vorgabe bundesweit gültige Festbeträge. Festbeträge sind Höchstgrenzen, bis zu denen die Kassen die Kosten übernehmen. Der GKV-Spitzenverband überprüft die Festbeträge einmal jährlich und passt sie gegebenenfalls an. Derzeit gibt es Festbeträge für:

  • Einlagen,
  • Hörhilfen,
  • Inkontinenzhilfen,
  • Hilfsmittel zur Kompressionstherapie, insbesondere Kompressionsstrümpfe,
  • Sehhilfen und
  • Stomaartikel, also Hilfsmittel zur Versorgung eines künstlichen Darmausganges.

Ausnahmen bei der Versorgung mit Hör- und Sehhilfen

Foto: Ältere schwerhörigen Dame spielt Brettspiel mit Familie

Seit dem Beitragsentlastungsgesetz (1997) übernehmen die Krankenkassen grundsätzlich keine Kosten mehr für Brillengestelle, seit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) von 2004 auch nicht mehr für Brillengläser. Ausnahmen sind Brillengläser für Kinder und Jugendliche sowie schwere Sehbeeinträchtigungen bei Erwachsenen. Bei besonderen Indikationen übernehmen die Kassen auch die Kosten für Kontaktlinsen.

Auch für die Versorgung mit Hörhilfen durch die Krankenkassen gibt es einige Sonderregelungen: Die Hilfsmittel-Richtlinie regelt, unter welchen Umständen Hörgeräte erstattungsfähig sind. Die Kosten für Batterien übernehmen die Krankenkassen nur für Kinder und Jugendliche.

Maximal zehn Euro Zuzahlung

Für Hilfsmittel müssen Patienten eine Zuzahlung von zehn Prozent des Abgabepreises leisten. Diese beträgt mindestens fünf und höchstens zehn Euro und auf keinen Fall mehr, als das Hilfsmittel kostet. Für Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, wie zum Beispiel Vorlagen bei Inkontinenz, sind zehn Prozent des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrages, jedoch höchstens zehn Euro für den gesamten Monatsbedarf zu zahlen.

Wie auch in anderen Bereichen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren von der Zuzahlung befreit. Außerdem gelten die gleichen Belastungsgrenzen.

Zur Dossier-Übersicht