
Heil- und Hilfsmittel
Heilmittel - von Ergotherapie bis Podologie

Heilmittel sind nichtärztliche, medizinische Behandlungsverfahren, die ausgebildete Therapeuten persönlich erbringen. Ziel solcher Therapien ist es, eine Krankheit zu heilen oder eine Verschlimmerung zu verhüten oder Beschwerden zu lindern. Zu den Heilmitteln gehören die Physikalische Therapie, die Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sowie die Ergotherapie und die Podologische Therapie. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat den Heilmittel-Begriff für die vertragsärztliche Versorgung in einer Richtlinie konkretisiert. Die Richtlinie enthält alle Grundlagen zur Verordnung von Heilmitteln.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Behandlung mit Heilmitteln nur unter bestimmten Voraussetzungen. So müssen Heilmittel von Ärzten verordnet werden. Dafür gibt es, ähnlich wie bei Arzneimitteln, verschiedene Verordnungsvordrucke (Rezepte). Der Patient muss die Therapie innerhalb von 14 Tagen nach dem Ausstellen des Rezeptes beginnen (Ausnahme Podologie: 28 Tage), ansonsten verliert die Verordnung ihre Gültigkeit.
Zahlen, Daten, Fakten
- Fast vier von fünf Heilmittel-Verordnungen (79,0 Prozent) betreffen physiotherapeutische Maßnahmen wie zum Beispiel Massagen (Stand: 2021)
- Am seltensten verordneten Ärzte im Jahr 2021 Sprachtherapien (6,4 Prozent aller Verordnungen)
- Auch beim Umsatz führt die Physiotherapie: Knapp 71,6 Prozent des Umsatzes für Heilmittel im Jahr 2021 machte die Physiotherapie aus. Es folgten Ergotherapie (15,2 Prozent), Sprachtherapie (10,4 Prozent) und Podologie (2,9 Prozent).
- 2021 gaben die Kassen rund 10,2 Milliarden Euro für Heilmittel aus, das sind gut 4,0 Prozent ihrer gesamten Leistungsausgaben.
Katalog für alle erstattungsfähigen Heilmittel
Die Heilmittel-Richtlinie enthält auch den sogenannten Heilmittel-Katalog, in dem alle Heilmittel aufgelistet sind, die Ärzte verordnen dürfen und von Therapeuten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Über die Aufnahme einer neuen Behandlungsmethode entscheidet der GBA.
Im Heilmittel-Katalog wird aufgelistet, bei welchen Indikationen welches Heilmittel (zum Beispiel "Krankengymnastik") verordnet werden kann. Die möglichen Therapieziele werden ergänzend dargestellt (zum Beispiel "Schmerzen lindern"). Wenn dieses Ziel nach den vorgesehenen Behandlungseinheiten erreicht wird, spricht man von einer Therapie "innerhalb des Regelfalls". Bei Therapien innerhalb des Regelfalls benötigt der Patient keine Genehmigung seiner Krankenkasse. Ist das Therapieziel nach der vorgesehenen Verordnungsmenge noch nicht erreicht, kann der Arzt weitere Behandlungen verordnen. Dann handelt es sich um eine Verordnung "außerhalb des Regelfalls". Der Mediziner muss diesen Mehrbedarf begründen und diese Heilmittel so verordnen, dass es spätestens nach zwölf Wochen zu einem erneuten Arzt-Patienten-Kontakt kommt. Die Kassen können in diesem Fall die medizinische Notwendigkeit der Heilmitteltherapie prüfen.
Patientengruppen mit einem besonders hohen, dauerhaften Bedarf an Heilmitteln können zudem langfristige Therapien erhalten. Solche Behandlungen kommen bei funktionellen oder strukturellen Behinderungen in Frage, wie beispielsweise Contergan-Schädigungen. Außerdem unterliegen Verordnungen auf Basis des langfristigen Heilmittelbedarfs nicht den Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Vertragsärzte. Auf einem Merkblatt hat der GBA die Bedingungen für eine Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlungen festgelegt.
Zuzahlung: Zehn Prozent plus zehn Euro
Patienten müssen laut gesetzlicher Vorgabe zehn Prozent der Kosten eines verordneten Heilmittels selbst tragen. Hinzu kommen zehn Euro pro Rezept. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind von der Zuzahlung befreit. Außerdem gibt es verschiedene Zuzahlungsbefreiungen für weitere Personengruppen. Die AOK bietet einen Zuzahlungsrechner an.
Wichtige Links zum Thema Heilmittel:
- Die Heilmittel-Richtlinie des GBA regelt die Grundsätze der Versorgung der Patienten.
- Der Heilmittelkatalog erhält Informationen über Indikationen, Therapiezielen und Verordnungsdauer aller verordungsfähigen Behandlungsmethoden.
- In den Rahmenvorgaben für Heilmittel vereinbaren Kassen und Ärzte jedes Jahr ein Ausgabenvolumen.
- Im Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) wird der Heilmittelmarkt einmal jährlich analysiert.
Nur ausgebildete Leistungserbringer dürfen Heilmittel-Behandlungen für gesetzlich Versicherte erbringen. Zumeist absolvieren Heilmittelerbringer eine dreijährige schulische Ausbildung an staatlich anerkannten Berufsfachschulen. Inzwischen gibt es auch einige Hochschulen, die eine universitäre Ausbildung anbieten.
Um gesetzlich Versicherte behandeln zu dürfen, benötigen die Therapeuten zudem eine Zulassung von den Krankenkassen, die sie auf Landesebene erhalten. Im SGB V sind die Grundbedingungen für die Zulassung festgehalten. Damit die Zulassungsverfahren in den Ländern möglichst einheitlich verlaufen, hat der GKV-Spitzenverband Zulassungsempfehlungen verfasst. Dort stehen beispielsweise Vorgaben zur Raumgröße, Anforderungen an die Praxisausstattung und die Fortbildungspflicht für die Leistungserbringer. Außerdem sind die Therapeuten dazu verpflichtet, ähnlich wie Vertragsärzte oder Krankenhäuser, interne Qualitätssicherungs-Maßnahmen zu betreiben. Die konkreten Anforderungen werden auf Landesebene vertraglich geregelt.
Auch die Details zur Vergütung und Abrechnung legen die Heilmittelerbringer mit den Krankenkassen auf Landesebene in Verträgen fest. Die Preise für Heilmittel-Therapien können daher von Bundesland zu Bundesland variieren. In der Regel schließen die Kassen Verträge mit Verbänden von Leistungserbringern ab.
Kassen und Ärzte vereinbaren Ausgabenvolumen
Der Inhalt und die Anzahl der ärztlichen Verordnungen entscheiden über die Höhe der Ausgaben der Krankenkassen im Heilmittelbereich. Um die Ausgaben im Heilmittelbereich zu steuern, schließen die Krankenkassen, ähnlich wie im Arzneimittelsektor, Vereinbarungen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ab. Auf Bundesebene legen die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband jedes Jahr dafür zunächst sogenannte Rahmenvorgaben fest, in denen sie Vorgaben zur Berücksichtigung von bestimmten Faktoren zur Anpassung der Ausgabenobergrenzen für Heilmittel im darauffolgenden Jahr vereinbaren. Dabei berücksichtigen die Verhandlungspartner unter anderem, ob sich die Leistungspflicht der Krankenkassen, beispielsweise durch Gesetzesänderungen, geändert hat.
Das Verhandlungsergebnis auf Bundesebene dient als Grundlage für die Verträge auf Landesebene, welche die Krankenkassen mit den KVen abschließen. Für jede KV-Region wird dort ein festes Ausgabenvolumen festgelegt, das landesspezifische Besonderheiten berücksichtigt. Hierzu zählen etwa die Zahl und der Altersdurchschnitt der GKV-Versicherten, die Preise der Heilmittel und der Behandlungsbedarf.
Marktanalysen schaffen Transparenz in der Heilmittelversorgung
Um die Entwicklung auf dem Heilmittelmarkt zu analysieren, stellt der GKV-Spitzenverband im Internetportal "GKV-Heilmittel-Informations-System" quartalsweise Auswertungen zur Verfügung. Im Portal werden für jede KV-Region Berichte zur Ausgaben- und Verordnungsentwicklung im Heilmittelbereich veröffentlicht. Außerdem veröffentlicht das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) jährlich einen Heilmittelbericht, der beispielsweise über die Entwicklung der durchschnittlichen Verordnungskosten und die am häufigsten eingesetzten Heilmittel informiert.
Zuletzt aktualisiert: 25-01-2023