AOK-Experten mahnen „längst überfällige“ Reform der Patientenrechte an
(19.05.23) Zehn Jahre nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes fordern Rechts- und Versorgungsexperten des AOK-Bundesverbandes eine „längst überfällige“ Reform von der Bundesregierung. „Die rund 13.000 Verdachtsfälle, die der Medizinische Dienst im Jahr 2021 im Auftrag der Krankenkassen zu prüfen hatte, sind nur die Spitze eines Eisbergs“, schreiben Nora Junghans, Referentin für Behandlungsfehlermanagement im AOK-Bundesverband, und Claus Fahlenbrach, Leiter des Referats Versorgungsqualität, im aktuellen G+G-Magazin.
Nach Einschätzung der Autoren ist nach wie vor der offene Umgang mit Behandlungs- und Pflegefehlern keineswegs selbstverständlich. „Deshalb ist es dringend geboten, bestehende Regelungen zu prüfen, anzupassen und von Vollzugsdefiziten zu befreien.“ Der Schutz vor gesundheitlichen Schädigungen und das Selbstbestimmungsrecht von Patientinnen und Patienten seien elementare Rechte und müssten weiterhin Gegenstand eines breiten gesellschaftlichen Diskurses sein. Die beiden Experten verwiesen auch auf konkrete Vorschläge, die die AOK-Gemeinschaft bereits 2019 erarbeitet hat.
Junghans und Fahlenbrach mahnten an, dass Forderungen oder Absichtserklärungen nicht ausreichten: „Die geltenden Normen müssen auf den Prüfstand. Darüber hinaus geht es darum, Neuregelungsbedarf zu erkennen und ebenfalls gesetzlich zu verankern.“ Nachschärfungen forderten sie unter anderem „beim Nachweis der Kausalität zwischen einem Behandlungsfehler und dem nachfolgend eingetretenen Gesundheitsschaden“ sowie bei der Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung für alle Behandelnden im Gesundheitswesen und für Medizinproduktehersteller. Behandelnde sollten gesetzlich verpflichtet werden, den Patienten Umstände, die einen Behandlungsfehler annehmen ließen, ohne Nachfrage mitzuteilen. Außerdem müsse der Gesetzgeber die „massive Benachteiligung“ der von Arzneimittelschäden Betroffenen beseitigen.
Ende Februar hatte der AOK-Bundesverband zusammen mit anderen Verbänden die Bundesregierung aufgefordert, das Patientenrechtegesetz nachzubessern. „Wir brauchen bei der Stärkung der Patientenrechte einen Dreiklang, der den Nachweis, die Verfahrensdauer sowie die Schadensregulierung umfasst. Es kann nicht sein, dass es unter anderem an der Qualität von Gutachten liegt, dass sich Rechtsstreite über Jahre hinziehen“, hatte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, in der gemeinsamen Erklärung verdeutlicht.
G+G-Beitrag zum Thema „Patientenrechte“