Präventionsgesetz (PrävG)

Der Bundestag hat am 18. Juni 2015 das "Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention" verabschiedet. Mit dem Präventionsgesetz (PrävG) haben Union und SPD insbesondere Projekte in den "Lebenswelten" im Blick - also in Schulen, Kindertagesstätten oder Betrieben. Außerdem sollen die Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten erweitert und die Zusammenarbeit von Krankenkassen und Behörden im Bereich von Arbeitsschutz und Betrieblicher Gesundheitsförderung verbessert werden. Mit der Einrichtung einer "Nationalen Präventionskonferenz" wird ein neuer formaler Rahmen für die Präventionspolitik geschaffen. Das Gesetz hat am 10. Juli abschließend den Bundesrat passiert. Dessen Zustimmung war nicht notwendig.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Gesundheitsförderung und Prävention in den Lebenswelten der Bürger, also in Schulen, KiTas oder Betrieben, stärken, die Leistungen der Krankenkassen zur Früherkennung von Krankheiten weiterentwickeln und das Zusammenwirken von Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) und Arbeitsschutz verbessern. Unter anderem sollen Ärzte bei Vorsorgeberatungen in Zukunft auch über Impfempfehlungen unterrichten. Vor der Aufnahme in eine Kindertagesstätte sollen Eltern an einer obligatorischen, ärztlichen Beratung zum Thema "Impfschutz" teilnehmen. Hebammen sollen künftig maximal zwölf Wochen lang finanziell unterstützt werden, um Haftpflichtversicherungsbeiträge tragen zu können.

Eine neu einzurichtende nationale Präventionskonferenz wird Strategien zur Gesundheitsförderung erarbeiten. Damit soll sich die Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger sowie der Länder und Kommunen verbessern. Zudem sollen die Rahmenbedingungen für die BGF verbessert und die BGF enger mit Maßnahmen zum Arbeitsschutz verknüpft werden. Um Krankheiten künftig früher zu erkennen, werden die bisherigen Vorsorgeleistungen laut Kabinettsbeschluss "präventionsorientiert" weiterentwickelt werden. Beispielsweise ist vorgesehen, die sogenannten "U-Untersuchungen" bei Kindern auszuweiten. Außerdem sollen Ärzte ihren Patienten künftig "Präventionsempfehlungen" etwa für konkrete Vorsorgekurse geben können. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wird die Krankenkassen künftig beraten und dabei unterstützen, gezielte Präventionsprojekte zu entwerfen, um damit spezielle Zielgruppen zu erreichen.

Zur Finanzierung der Leistungsausweitungen wird ab 2016 der Richtwert für die Ausgaben der Krankenkassen zur primären Prävention, also für die Vorbeugung von Krankheiten, auf sieben Euro je Versicherten. Vier Euro davon sind fest gebunden: Der Mindestwert für BGF-Leistungen und für Präventionsleistungen in den Lebenswelten der Versicherten soll künftig jeweils zwei Euro je Versicherten betragen. 45 Cent je Versicherten zahlen die Kassen der BZgA zur Unterstützung von Präventionsmaßnahmen. Die Pflegekassen sind nun verpflichtet, jährlich 0,30 Euro je Versicherten für Vorsorgeleistungen in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen zur Verfügung zu stellen.

Die Krankenkassen müssen ab 2016 mit jährlichen Mehrausgaben von 250 bis 300 Millionen pro Jahr rechnen. Auf die Pflegekassen kommen laut Kabinettsbeschluss Mehrkosten von jährlich rund 21 Millionen Euro zu. Die privaten Krankenversicherungen können sich freiwillig an der Nationalen Präventionskonferenz beteiligen. In diesem Fall werden sie jährlich mit 18 Millionen Euro belastet. Private Pflegeversicherungen müssen mit Mehrausgaben von insgesamt 2,7 Millionen Euro rechnen. 

In der öffentlichen Sachverständigen-Anhörung des Bundestags-Gesundheitsausschusses zum Präventionsgesetz hatten am 22. April 2015 zahlreiche Experten den Gesetzentwurf (Bundestags-Drucksache 18/4282) der Bundesregierung kritisiert. Dabei ging es insbesondere um die mangelnde finanzielle Beteiligung von Ländern, Kommunen und privaten Krankenversicherern sowie um die geplante Millionen-Subventionierung der staatlichen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) durch die Krankenkassen. Zwar gibt es eine breite Unterstützung für das Ziel, die Prävention stärker zu verankern. Aber zahlreiche Sachverständige, darunter der AOK-Bundesverband, halten es für verfehlt, die Finanzierung einer solchen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe allein den Kranken- und Pflegekassen zu überlassen. 

Auch der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Kabinettsentwurf vom 17. Dezember 2014 zahlreiche Änderungen vorgeschlagen. So plädiert die Länderkammer dafür, die Ausgaben der Pflegekassen für Leistungen zur Prävention Pflegebedürftiger von bisher 0,30 auf 0,70 Euro pro Versicherten anzuheben. Das wären 49 Millionen Euro im Jahr anstelle von jetzt 21 Millionen Euro. 

Das Vorhaben der Großen Koalition ist der vierte Anlauf einer Bundesregierung, dem Thema Prävention eine eigenständige gesetzliche Grundlage zu geben. Erst 2013 hatte die damalige Bundesregierung von CDU, CSU und FDP einen Versuch unternommen. Unter anderem war geplant, die Ausgaben der Kassen für Prävention auf sechs Euro anzuheben und die BZgA zu einem "Nationalen Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung" auszubauen. Bis zum Ende der Legislaturperiode kam jedoch kein Kompromiss zwischen dem Bundestag und dem Bundesrat zustande.

2016:  Zweites Pflegestärkungsgesetz (PSG II)
2016: Krankenhaus-Strukturreform (KHSG)

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