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Nutzen und Umsetzbarkeit klar belegen
ams-Stichwort: Zusammenführen der Krebsregisterdaten

25.06.21 (ams). Fachverbände begrüßen das vom Bundestag jüngst verabschiedete "Gesetz zur Zusammenführung von Krebsregisterdaten". Sie sehen darin besonders einen Fortschritt für Versorgung und Forschung. Allerdings regen sie einzelne Änderungen an, wie aus schriftlichen Stellungnahmen hervorgeht. "Das Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber man hätte weiter springen können", sagt etwa Jürgen Malzahn, Leiter der Abteilung stationäre Versorgung und Rehabilitation beim AOK-Bundesverband.
Ziel des Gesetzes ist es, in einem zweistufigen Prozess klinische und epidemiologische Daten aus den Krebsregistern der Länder zusammenzuführen, um Krankheitsprozesse besser zu verstehen, die Versorgung von Tumorpatientinnen und Tumorpatienten zu verbessern und die Forschung in der Onkologie signifikant zu stärken. Das Gesetz soll voraussichtlich im Juli 2021 in Kraft treten. Basis ist das seit 2009 geltende Bundeskrebsregisterdatengesetz (BKRG).
Wichtige Fragen wie etwa die der Nutzenbewertung oder der systematischen Erfassung von Nebenwirkungen, werden aus Sicht des AOK-Bundesverbandes jedoch nicht thematisiert. "Der Gesetzgeber ist an dieser Stelle nicht mutig genug", kritisiert Malzahn. Die Datensätze enthielten nicht alle Informationen, die für die Qualitäts- und Risikoanalyse notwendig seien, beispielsweise Angaben zu genetischen Markern. "Zudem wurde die Verbindung zu drängenden Fragen der Qualitätssicherung nicht ausreichend geknüpft", moniert der AOK-Experte. Malzahn wünscht sich "eine Datengrundlage, die auch die Patientensicherheit bedient". Die kommt seiner Ansicht nach zu kurz. "So werden beispielsweise keine Nebendiagnosen wie etwa Diabetes erfasst." Die seien aber relevant, um etwa über Arzneimittelwirkungen Aussagen treffen zu können. "Überhaupt", so Malzahn weiter, "muss doch der Sinn eines bundesweiten Registers sein, aus Patientensicht die Fragen der Fragen beantworten zu können, worin sich Versorgung unterscheidet und ob es ich lohnt, 15 Kilometer weiter in die Klinik zu fahren."
Der GKV-Spitzenverband hält das Gesetz für zielführend, hätte sich aber aber an einigen Stellen Nachbesserungen gewünscht. So seien etwa ergänzende Informationen wie Studienprotokolle, statistische Analysepläne oder Finanzierung freiwillig, heißt es in der Stellungnahme zur Anhörung im Gesundheitsausschuss Anfang Mai. Im Zweifel würden sie nicht bereitgestellt, "wenngleich ein nicht bedeutender Mehraufwand für den Antragsteller einem hohen wissenschaftlichen und öffentlichen Interesse entgegensteht". Der Verband forderte daher, auch abgelehnte Anträge zu verzeichnen.
Darüber hinaus bedeuten die meisten Regelungen für die Krankenkassen laut GKV-Spitzenverband eine deutliche Kostensteigerung. Daher sollten Nutzen, Zweckmäßigkeit und flächendeckende Umsetzbarkeit klar belegt sein. Die GKV begrüßt grundsätzlich, eine Lösung für den vorgesehenen Krebsregisterabgleich zu finden. Allerdings bezweifelt sie, dass die geplanten Regelungen geeignet seien, den Abgleich flächendeckend umsetzen zu können.
Der GKV-Spitzenbverband kritisiert zudem, dass derzeit noch unklar sei, wie der Datenabgleich mit den Krebsregistern technisch und datenschutzrechtlich umgesetzt werde. Der Verband empfiehlt daher, mit entsprechend angepassten gesetzlichen Regelungen an das etablierte Datenflusskonzept des gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) anzuknüpfen, das der GBA in der Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme verankert hat. Es sieht vor, auch die Krebsregister der Länder einzubinden. Dieses Datenflusskonzept wurde unter Einbeziehung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit entwickelt. Einige Krebsregister könnten auf dieser Grundlage einen Abgleich durchführen, sodass zeitnah ein Pilotprojekt möglich wäre.
Nach Überzeugung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kann durch die bessere Datenbasis ein großer Mehrwert für Patienten mit Tumorerkrankungen in der Versorgung entstehen. Sie begrüßt die vorgesehenen Regelungen zum Datenabgleich ausdrücklich. Die bislang geltenden Bestimmungen seien hinderlich, um in allen Bundesländern den vorgesehenen Datenabgleich mit den Krebsregisterdaten umzusetzen, heißt es in der Stellungnahme. Die niedergelassenen Ärzte regen jedoch an, mit Blick auf eine mögliche Verschränkung der weiteren Ausbaustufen die elektronische Patientenakte in den Blick zu nehmen.
Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bewertet das Gesetz weitgehend positiv, weist aber darauf hin, dass durch das Zusammenführen der Daten und die dafür notwendige Datenqualität ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand entstehe, "den es anzuerkennen und zu refinanzieren gilt".