Kompressionsthese

Die erstmals in den 1970er Jahren von James F. Fries entwickelte Kompressionsthese besagt, dass immer mehr Menschen relativ gesund alt werden und erst als Hochbetagte in ihren letzten Lebensjahren einen hohen Bedarf an medizinischen Leistungen haben. Die Phase ausgeprägter Multimorbidität werde in ein höheres Alter verlegt, zugleich nähmen bei älteren Menschen die früher typischen Belastungen durch Krankheit und  Behinderung ab. Mit der Verlängerung der Lebenserwartung weiteten sich als Folge verbesserter allgemeiner Lebensbedingungen, der Aktivierung der Eigenpotenziale zur Gesunderhaltung sowie des medizinischen Fortschritts die Lebensphasen in guter Gesundheit aus. Dieser These steht die Medikalisierungsthese gegenüber, die von mit dem Alter eher kontinuierlich steigenden Gesundheitsausgaben ausgeht. Für beide Thesen gibt es empirische Belege, wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in einem 2009 veröffentlichten Gutachten gezeigt hat. Die Kompressionsthese hat eine hohe empirische Evidenz vor allem in besser gebildeten Schichten. Modellrechnungen haben gezeigt, dass die Gesundheitsausgaben und die Krankenkassenbeiträge sich unter Annahme der Kompressionsthese in einem moderaten Rahmen bewegen. Daraus folgt, dass eine die sozialen gesundheitlichen Disparitäten abbauende Prävention und Gesundheitsförderung zugleich positive ökonomische Effekte hat.

Morbidität/Multimorbidität