Zukunft der Pflege liegt in bedarfsgerechten Angeboten

Erster Pflege-Report des WIdO

Foto: Hand einer Pflegebedürftigen

11.06.15 (ams). Bund und Länder wollen die Rolle der Kommunen in der Pflege stärken. Unter anderem soll deren Einfluss auf die Kooperations- und Koordinationsstrukturen verbessert werden. Eine Bund-Länder Arbeitsgruppe hat jetzt eine ganzes Bündel an Empfehlungen ausgesprochen. Die Politik will damit dem Wunsch fast aller Pflegebedürftigen Rechnung tragen, so lange wie möglich zu Hause zu leben und gepflegt zu werden. Neue Wohn- und Versorgungsformen stoßen dabei auf wachsendes Interesse. Jeder zweite 50- bis 80-Jährige findet Modelle wie "Betreutes Wohnen" oder das Leben in einem Mehrgenerationenhaus ansprechend. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) für seinen ersten Pflege-Report.

Der inhaltliche Schwerpunkt der ersten Ausgabe liegt auf neuen Wohn- und Versorgungsformen in der Pflege außerhalb der bisherigen Häuslichkeit. In zwölf Beiträgen namhafter Autoren werden die Potenziale von Pflegeformen zwischen Heim und Häuslichkeit analysiert, etwa in Bezug auf die Sicherung der Pflegequalität, die gezielte Gesundheitsförderung oder die soziale Teilhabe von Pflegebedürftigen. Beleuchtet werden auch die Einbindung der Angehörigen, die Rolle der Kommunen bei der Sicherung der örtlichen Pflegeinfrastruktur sowie Wege zur Sicherung des erforderlichen Personalbedarfs. Ein Blick in die Niederlande und nach Skandinavien sowie fünf Praxisbeispiele, von Senioren-Wohngemeinschaften über Wohngruppen für Demenzerkrankte bis hin zu nachbarschaftlichen Quartiersprojekten, ergänzen das breite Spektrum der Analysen.

Bemerkenswerte Offenheit für Alternativen

Titelbild: Pflege-Report 2015

"Eine differenzierte Versorgungslandschaft, die sich an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen orientiert, ist immer mehr gefragt", fasst der Mitherausgeber und WIdO-Geschäftsführer Professor Klaus Jacobs die Ergebnisse des Reports zusammen. Mit der Publikation erweitert das WIdO seine Report-Reihe. "Die mit Abstand bevorzugte Versorgungsform bleibt weiterhin die häusliche Pflege in der angestammten Wohnumgebung durch vertraute Angehörige", ergänzt Professor Adelheid Kuhlmey von der Charité Berlin und ebenfalls Mitherausgeberin des Pflege-Reports. Umso bemerkenswerter ist die wachsende Offenheit, die insbesondere die Jüngeren der Generation "50 plus" den neuen Formen von Pflegearrangements entgegenbringen. So erreichen etwa das Mehrgenerationenhaus und die Senioren-WG bei den 50- bis 60-Jährigen die Attraktivitätswerte von 58 beziehungsweise 48 Prozent.

Die Umfrage zeigt, dass beim Großteil der Befragten insgesamt alternative Wohn- und Versorgungsformen auf Sympathie stoßen. Mit dem "Betreuten Wohnen", das für 54 Prozent der Generation "50 plus" attraktiv ist, werden insbesondere eine professionelle Pflege und gute medizinische Versorgung verbunden. Im "Mehrgenerationenhaus" (52 Prozent Attraktivität) sieht jeder Zweite einen attraktiven sozialen Rahmen der gegenseitigen Unterstützung von Jung und Alt. Die "24-Stunden-Pflege" (41 Prozent) steht für die Chance eines professionellen pflegerischen und medizinischen Arrangements im häuslichen Umfeld, allerdings um den Preis des ständigen Zusammenlebens mit wechselnden Fremden. Mit der "Senioren-WG" (39 Prozent) schließlich verbinden die Befragten den Erhalt sozialer Kontakte und das Zusammenleben von Menschen in ähnlicher Lebenslage, aber auch die Gefahr, dass diese Gemeinschaft mit Alten alt macht.

Das jetzt vorgelegte Maßnahmen-Paket der Bund-Länder AG zur Stärkung der Kommunen in der Pflege umfasst unter anderem ein Initiativrecht der Kommunenzur Einrichtung von Pflegestützpunkten, die Möglichkeit der Bildung regionaler Pflegeausschüsse sowie  die Beteiligung am Auf- und Ausbau niedrigschwelliger Angebote. Des Weiteren sollen die Länder Gremien, an denen die Kommunen maßgeblich beteiligt sind, auf Landes und regionaler Ebene einrichten können oder vorhandene beauftragen, Empfehlungen zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Versorgung auszusprechen, die die Pflegekassen bei Vertragsverhandlungen einbeziehen.


Zum ams-Politik 06/15