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Enttäuschung über Antibiotika-Entscheidung

EU-Ticker

Foto: Zwei am Fahnenmast flatternde Europa-Flaggen

15.07.2022 (ams). Nach dem Europaparlament haben auch die EU-Mitgliedstaaten eine Liste mit Reserveantibiotika gebilligt, die künftig nicht mehr in der kommerziellen Tierhaltung eingesetzt werden dürfen, um das Risiko von Antibiotikaresistenzen zu verringern. Die Zusammenstellung entspricht einem Vorschlag der EU-Kommission auf der Grundlage von Empfehlungen der EU-Arzneimittelagentur von 25. Mai. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides bezeichnete die Entscheidung vom 4. Juli als „Meilenstein auf der ganzen Welt und großen Schritt zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz“.

Enttäuscht zeigten sich Gesundheitspolitiker des Europaparlamentes. Der Gesundheitsausschuss hatte am 23. Juni vergeblich versucht, das Parlament zu einem Einspruch gegen die aus Sicht der Fachpolitiker nicht weit genug gehende Liste zu bewegen. Der gesundheitspolitische Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion, Tiemo Wölken, nannte die Zurückweisung einen „Lobby-Sieg und eine Niederlage für den Schutz menschlicher Gesundheit“. Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Christdemokraten, Peter Liese, kritisierte, die Verbotsliste enthalte überwiegend Antibiotika, die in der Tiermedizin ohnehin nicht zum Einsatz kämen. Das sei „nicht das, was wir uns in der letzten Legislaturperiode bei der Verabschiedung des Basisrechtsakts vorgestellt haben“. Die Liste wird nach Angaben der EU-Kommission in den kommenden Wochen veröffentlicht und tritt sechs Monate danach in Kraft.

Einigung über Rechtsrahmen zur Abwehr von Gesundheitsgefahren

15.07.22 (ams). Das Europaparlament, der Rat der Mitgliedstaaten und die EU-Kommission haben sich Ende Juni abschließend auf die Formulierung der „Verordnung über schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren“ verständigt. Das Regelwerk bildet nach Angaben der EU-Kommission den Rechtsrahmen für gemeinsame Maßnahmen in den Bereichen Vorsorge, Überwachung, Risikobewertung sowie Frühwarnung und Reaktion. Die Verhandlungen über einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission hatten bereits im November 2020 begonnen. Streitpunkte waren insbesondere die Bestrebungen der Kommission, über den Aufbau einer europäischen Gesundheitsunion die eigenen Kompetenzen in einem Politikbereich auszuweiten, der in der Hoheit der Mitgliedsländer liegt. Die Einigung bedarf noch der formalen Bestätigung durch die drei Institutionen.

EU-Einrichtung zur Krisenvorsorge nimmt Arbeit auf

15.07.22 (ams). Die EU-Behörde zur Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (Hera) hat Mitte Juli eine Liste ihrer Prioritäten veröffentlicht. Danach sind Krankheitserreger mit hohem Pandemiepotenzial, chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren sowie antimikrobielle Resistenzen derzeit die größten Gesundheitsbedrohungen, die grenzüberschreitend koordinierte medizinische Gegenmaßnahmen erfordern. Nach Angaben von EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides wird sich die Krisenbehörde bei ihrer jetzt beginnenden Tätigkeit auf diese Schwerpunkte konzentrieren. Dabei gehe es darum, in Zusammenarbeit mit anderen EU-Einrichtungen die Beschaffung und Bevorratung von Arzneimitteln, Diagnostika, Medizinprodukten und persönlichen Schutzausrüstungen sowie anderer medizinischer Gegenmaßnahmen sicherzustellen. Hera wurde im Herbst 2021 im Verantwortungsbereich der EU-Kommission eingerichtet, um das durch Ad-hoc-Maßnahmen gekennzeichnete Pandemiemanagement der EU durch eine dauerhafte Struktur zu ersetzen. Die Behörde soll auch die Entwicklung und Produktion von Medikamenten und Medizinprodukten innerhalb der Union koordinieren.

Luftschadstoffe und Chemie für jede zehnte Krebserkrankung verantwortlich

15.07.22 (ams). Luftschadstoffe, bestimmte Chemikalien und Passivrauchen, aber auch UV-Strahlung und natürliche Radioaktivität sind zusammen für etwa zehn Prozent aller Krebserkrankungen in Europa verantwortlich. Das geht aus dem neuen Krebsbericht der Europäischen Umweltagentur (EUA) hervor. Demnach verursachen Luftschadstoffe in Gebäuden und im Freien etwa zwei Prozent aller Todesfälle durch Krebs. Die Belastung durch Tabakrauch kann laut Bericht auch bei Menschen, die selbst nie geraucht haben, das Gesamtrisiko für Krebs um bis zu 16 Prozent erhöhen. Das natürlich vorkommende radioaktive Edelgas Radon wird im Bericht mit bis zu zwei Prozent aller Krebsfälle in Europa im Zusammenhang gebracht. Auf die ebenfalls natürliche ultraviolette Strahlung könnten bis zu vier Prozent aller Krebsfälle zurückzuführen sein. EUA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx forderte bei der Vorstellung des Berichtes Ende Juni ein konsequentes Umsetzen von Gegenmaßnahmen, wie sie unter anderem im Null-Schadstoff-Aktionsplan und in der Chemikalienstrategie der EU vorgesehen seien. Die Untersuchungen der EUA sind eingebettet in den von der EU-Kommission zu einem Schwerpunkt der laufenden Amtsperiode ausgerufenen „Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung“.

EU-Kommission strebt Verbot „erhitzter Tabakerzeugnisse“ an

15.07.22 (ams). Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, innerhalb der Union den Verkauf „erhitzter Tabakerzeugnisse mit Aromastoffen“ zu verbieten. „Da neun von zehn Lungenkrebserkrankungen durch Tabak verursacht werden, wollen wir das Rauchen so unattraktiv wie möglich machen, um die Gesundheit unserer Bürger zu schützen und Leben zu retten“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides Ende Juni. Der Absatz von erhitzten Tabakerzeugnissen – nicht zu verwechseln mit E-Zigaretten, ist laut Kommission „in mehr als fünf Mitgliedstaaten um zehn Prozent gestiegen“. Inzwischen mache der Markt in der EU mehr als 2,5 Prozent des Gesamtabsatzes von Tabakerzeugnissen aus. Das entsprach 2019 rund 2,92 Milliarden Euro. Der „endlose Strom neuer Produkte auf dem Markt“ erfordere strengere Maßnahmen zur Verringerung des Tabakkonsums. Auch gehe es darum, Vorschriften strikter durchzusetzen und mit neuen Entwicklungen Schritt zu halten, betonte Kyriakides.

Tschechien übernimmt von Frankreich

15.07.22 (ams). Tschechien hat Anfang Juli die EU-Ratspräsidentschaft von Frankreich übernommen. Als Programmschwerpunkte für die nächsten sechs Monate hat das Land die „Bewältigung der Flüchtlingskrise und der Erholung der Ukraine nach dem Krieg, die Energiesicherheit, die Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten und der Cybersicherheit in Europa, die strategische Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und die Widerstandsfähigkeit demokratischer Institutionen“ genannt. Im Bereich der Gesundheitspolitik will das Land vor allem dazu beitragen, versorgungswichtige Produkte wie Arzneimittelwirkstoffe wieder stärker in Europa zu produzieren oder gemeinsam zu beschaffen. Die EU-Ratspräsidentschaft wechselt alle sechs Monate. Um für mehr politische Kontinuität zu sorgen, arbeiten seit 2007 jeweils drei Länder als Triopräsidentschaft zusammen. Tschechien bildet eine solche Dreierpräsidentschaft mit Frankreich und Schweden.


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