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Wo besteht noch Nachbesserungsbedarf beim Gesetzentwurf gegen Arzneimittel-Lieferengpässe?

ams-nachgefragt bei Sabine Jablonka, Leiterin der Abteilung Arznei-, Heil- und Hilfsmittel im AOK-Bundesverband

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Sabine Jablonka

27.03.23 (ams). „Grundsätzlich sind die gesetzlichen Bemühungen richtig und dringend erforderlich, Lieferengpässe bei Arzneimitteln wirksamer als bisher zu bekämpfen. Denn der Mangel belastet die Versorgung und verunsichert Patientinnen und Patienten. Allerdings gehen die vorgelegten Reformvorschläge in die falsche Richtung. Fälschlicherweise wird unterstellt, die Ursache für die Lieferengpässe liege in zu niedrigen Preisen, die die Attraktivität des deutschen Marktes schmälern würden. Dabei sind Arzneimittel-Lieferschwierigkeiten weltweit zu beobachten. Die jetzt geplante Freistellung ganzer Arzneimittelgruppen von Rabattverträgen sowie Festbeträgen oder auch eine Anhebung von Preisobergrenzen um bis zu 50 Prozent sind jedenfalls nicht dazu geeignet, die Versorgung mit Arzneimitteln sicherer zu machen. 

Das zeigen auch die jüngsten Beispiele wieder: So wurde das Krebsmittel Tamoxifen von allen Generika-Herstellern unterhalb des Festbetrags angeboten. Und bei den freiverkäuflichen Fiebersäften boten Apotheken Preis­nachlässe von bis zu über 40 Prozent auf den Listenpreis an. Da Hersteller den Apotheken hier üblicherweise Rabatte gewähren, kämen höhere Erstattungen künftig zunächst den Apotheken zugute, die diese Vorteile gegebenenfalls gar nicht an die Hersteller weitergeben.

Wir setzen uns für eine nachhaltigere Lösung zur Vermeidung von Lieferengpässen ein. Dazu sollte der Beirat beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) jetzt eine Sicherung der Versorgung angehen und ein umfassendes Frühwarnsystem für alle Arzneimittel einrichten, die die gesetzliche Krankenversicherung erstattet. Vor allem in der Phase bis zur Umsetzung sollte eine Verpflichtung zur erhöhten Bevorratung der Arzneimittel beim pharmazeutischen Unternehmen, aber auch beim Arzneimittelgroßhandel, die Versorgung absichern.

Dagegen passen andere Aufgaben, die das Gesetz dem Beirat beim BfArM zuordnet und die direkt auf Beschränkung von Rabattverträgen oder Festbeträgen abzielen, dort überhaupt nicht hin. Hier sind weitgehende Änderungen in der Besetzung, aber auch bei den Verfahren zur Beratung und Abstimmung notwendig. 

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat bereits die grundsätzliche Aufgabe, wirtschaftliche Versorgung zu konkretisieren. Und alle Beteiligten werden bereits über transparente und eingespielte Stellungnahmeverfahren eingebunden. Aus unserer Sicht wäre es daher aufwandsärmer und unbürokratischer, diese etablierte Struktur zu nutzen, anstatt eine neue aufzubauen.“


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