Verwirrt nach der OP: Wenn das Aufwachen ein Alptraum ist
Postoperatives Delir
27.10.15 (ams). Schmerzen nach einer Operation, ein ungewohnter Tagesablauf in fremder Umgebung und dazu noch die Einnahme zahlreicher Medikamente - einen Klinikaufenthalt wird wohl niemand als angenehm empfinden. Direkt nach dem Aufwachen sind viele Frischoperierte irritiert und verstört. Das legt sich zumeist nach ein paar Stunden wieder. Doch für schätzungsweise 15 bis zu 50 Prozent der Operierten bleibt die Zeit nach dem Eingriff auch weiterhin ein Alptraum: Sie sind verwirrt und unruhig, haben Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen. "Solche Bewusstseinsveränderungen nach einer Operation können Anzeichen eines postoperativen Delirs sein", sagt Dr. Eike Eymers, Fachärztin für Anästhesiologie im AOK-Bundesverband. "Je älter die Patientinnen und Patienten sind, desto höher ist das Risiko eines Delirs."
Ein postoperatives Delir beginnt meist innerhalb der ersten vier Tage nach der Operation. Wenn die Patienten dann reizbar und verwirrt sind, sich zurückziehen oder gar aggressiv gegen Pflegepersonal und Angehörige verhalten, wird häufig eine Demenz diagnostiziert, die auch bestehen kann. Doch oftmals leiden die Patienten zusätzlich an den Folgen des Delirs. Manche Patienten erholen sich nur sehr langsam von diesem Verwirrtheitszustand und haben sogar ein Risiko an den Folgen zu sterben. Diese Komplikation kann über Monate hinweg anhalten. Die Menschen haben dann Schwierigkeiten, im Alltag wieder zurechtzukommen, leiden unter Konzentrationsstörungen und einem verminderten Kurzzeitgedächtnis.
Sendefertige Radio-O-Töne mit Dr. Eike Eymers, Fachärztin für Anästhesiologie im AOK-Bundesverband

Was ist ein postoperatives Delir?

Die Auslöser für die Verwirrung nach der OP sind vielfällig und noch nicht abschließend untersucht. Die Operationsart und -dauer sowie bestimmte Medikamente oder Blutdruckschwankungen während der OP spielen eine Rolle. Die Narkoseform, ob Vollnarkose oder Regionalanästhesie, hat dagegen keinen entscheidenden Einfluss. Vorerkrankungen, wie Diabetes oder Bluthochdruck, bereits bestehende Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit und das Alter des Patienten steigern das Risiko für ein postoperatives Delir. Um Wahrnehmungsstörungen und Verwirrtheitszustände nach Operationen zu vermeiden, ist eine gute Diagnostik wie auch Vorbeugung wichtig. Maßnahmen, die die Orientierung des Patienten in der fremden Umgebung verbessern, reduzieren das Delirrisiko. Dazu gehören so einfache Dinge wie dem Patienten die Brille und das Hörgerät zu reichen, aber auch frühzeitige Mobilisation und Erhalt des Schlaf-Wach-Rhythmus’. Ältere Patienten und Patienten, die bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in der Klinik kognitiv - also in ihrer Wahrnehmung - beeinträchtigt sind, sind besonders delirgefährdet. Diese Patienten benötigen eine besondere Aufmerksamkeit in den ersten Tagen nach der Operation.
Persönliche Betreuung kann beruhigen
Eine persönliche Betreuung des Patienten nach der OP kann eine beruhigende Wirkung haben und die Verwirrtheitsgefahr mindern. Manche Kliniken haben daher speziell geschulte Altenpflegekräfte, die demente Patienten betreuen, da diese besonders gefährdet sind, ein postoperatives Delir zu entwickeln. Gesenkt werden kann die Delirgefahr zudem, wenn auf bestimmte Medikamente zur "Angstlösung" vor der OP verzichtet wird und ausreichend Schmerzmittel und Flüssigkeiten angeboten werden. Wichtig ist auch, die Mitarbeit der Angehörigen. Sie kennen den Patienten und sollten sich bei Anzeichen eines Delirs ans Pflegepersonal wenden. Außerdem gibt die Anwesenheit vertrauter Menschen dem Patienten nach der Operation Sicherheit.
Wer einen Krankenhausaufenthalt vorbereiten will und auf der Suche nach einer passenden Klinik ist, findet Informationen im AOK-Krankenhausnavigator.