Blasenschwäche: Strategien gegen ein drängendes Problem

ams-Serie "Frauengesundheit" (9)

24.09.15 (ams). Wenn Urin nicht mehr gehalten werden kann, ist das peinlich. Aus Scham gehen viele Frauen nicht zum Arzt. Oder sie denken, dass man nichts gegen das Blasenleiden machen kann. "Die meisten Frauen können bei Blasenschwäche eine Menge für sich tun", sagt Dr. Astrid Maroß, Ärztin beim AOK-Bundesverband.

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Frauen leiden zwei- bis viermal häufiger unter einer Blasenschwäche (Harn-inkontinenz) als Männer. Insgesamt sind mehrere Millionen Frauen betroffen, und zwar nicht nur ältere, sondern auch viele jüngere Frauen. "Frauen haben anatomisch eine im Vergleich zu Männern anfälligere und stärker beanspruchte Beckenbodenmuskulatur, die zusätzlich durch Schwangerschaften und Geburten strapaziert wird", so Maroß. Bei den 20- bis 30-jährigen Frauen leiden immerhin schon zehn Prozent unter einer Harninkontinenz, bei den 40- bis 50-jährigen ist es ein Viertel aller Frauen, bei den über 80-jährigen steigt der Anteil auf 40 Prozent - allerdings mit einer großen Bandbreite von geringen bis schweren Symptomen. Meistens handelt es sich um eine Belastungsinkontinenz, auch Stressinkontinenz genannt. Der "Stress" ist dabei körperlich: "Beim Husten, Niesen, Joggen oder Tragen schwerer Gegenstände hält die Muskulatur im Beckenboden der Belastung nicht stand", erklärt Ärztin Maroß. "Urin geht ungewollt verloren, weil der Schließmechanismus der Harnröhre nicht mehr richtig funktioniert." In schwereren Fällen passiert das schon beim Treppensteigen, Aufstehen, Hinsetzen oder sogar in Ruhe.


Sendefertige Radio-O-Töne mit Dr. Astrid Maroß, Ärztin beim AOK-Bundesverband

Warum Frauen häufiger unter Harninkontinenz leiden als Männer

Warum Frauen häufiger unter Harninkontinenz leiden als Männer

Formen der Blasenschwäche

Formen der Blasenschwäche


Ursache einer Belastungsinkontinenz können neben allgemein schwachen Beckenbodenmuskeln auch Verletzungen oder Operationen im Becken sein oder hormonelle Veränderungen durch die Wechseljahre. Während bei der Belastungsinkontinenz Harn abgeht ohne Harndrang, verspüren Betroffene mit einer Dranginkontinenz einen plötzlichen, übermäßigen Drang, den sie kaum noch kontrollieren können - obwohl die Blase noch nicht voll ist. Aufgrund einer Fehlfunktion des Blasenmuskels kann die Blase den Urin nicht mehr ausreichend halten. Dranginkontinenz ist die zweithäufigste Form bei Frauen, manchmal mischen sich auch beide Formen. "Ursache der Dranginkontinenz können Harnwegsinfektionen sein, die die Blase ständig reizen", so Maroß. "Auch der Mangel an dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen nach den Wechseljahren kann eine Dranginkontinenz begünstigen." Oder es ist eine neurologische Begleitsymptomatik bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Parkinson oder Alzheimer. Nicht zuletzt sind auch psychosomatische Gründe möglich.

Frauen mit Blasenschwäche sollten trainieren

Für Frauen mit einer Blasenschwäche heißt es zuallererst: trainieren! Bei einer Belastungsinkontinenz ist ein Beckenbodentraining angezeigt, bei dem die Muskeln des Beckenbodens gestärkt werden. Diese Muskeln sieht und spürt man nicht - deshalb geht es darum, sie erst einmal wahrzunehmen und dann isoliert zu bewegen ohne Hilfe der Bauch- und Gesäßmuskeln. "Wichtig ist eine fachliche Anleitung, entweder durch eine Ärztin oder einen Arzt, einen entsprechend qualifizierten Physiotherapeuten oder eine Hebamme“, so Maroß. Auch viele Volkshochschulen oder Sportvereine haben entsprechende Kurse im Programm. Bei Dranginkontinenz kann ein Blasentraining helfen: Dabei werden die Abstände zwischen den Toilettengängen schrittweise vergrößert. Die Blase kann dabei lernen, sich stärker auszudehnen und mehr Harn zu speichern. Wenn eigene Maßnahmen nicht ausreichen, sollten mit dem Hausarzt oder Gynäkologen weitere Maßnahmen abgestimmt werden. Um den Betroffenen den Alltag mit Inkontinenz zu erleichtern, steht eine Auswahl an Hilfsmitteln zur Verfügung. Auch deren Einsatz sollte mit dem Arzt besprochen werden. 

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