Kinder mit ADHS profitieren von Sport und Bewegung
Von Akrobatik bis Volleyball
25.06.15 (ams). Junge, Alte, Gesunde, Kranke: Dass Bewegung allen gut tut, bezweifelt niemand mehr. Auch Kinder mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) profitieren vom Sport. Laut einer aktuellen Studie der Universität Regensburg steigert Sport bei ihnen sogar Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung. "Bewegung ist immer wichtig für Kinder, aber gerade für ADHS-Kinder bietet sie die Chance, etwas besser mit den Symptomen klarzukommen", sagt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im AOK-Bundesverband.
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Laut Robert-Koch-Institut leiden knapp fünf Prozent der Kinder in Deutschland an ADHS, unter ihnen mehr Jungen als Mädchen. Oft fallen die Kinder schon im KiTa-Alter oder verstärkt in der Schule auf, weil sie unaufmerksam, impulsiv und zappelig sind. Sie lassen sich leicht ablenken, sind verträumt, vergessen Dinge, platzen mitten in den Unterricht, sind nicht selten aggressiv und ihre Schulleistungen schwanken stark. "Doch nicht jedes Kind, das mal zappelt oder stört, hat ADHS. Eine sorgfältige Diagnosestellung ist daher wichtig", sagt Maroß. Die Symptome können zudem ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Umso wichtiger ist es deshalb, dass Fachleute die Diagnose stellen. Aussagekräftige Faktoren dabei sind beispielsweise, ob Symptome schon länger als sechs Monate auftreten und mindestens zwei Lebensbereiche betroffen sind - in der Regel sind das Familie und Schule.
Sendefertige Radio-O-Töne mit Dr. Astrid Maroß, Ärztin im AOK-Bundesverband


Hat das Kind tatsächlich ADHS, empfehlen Experten einen multimodalen Ansatz. Das heißt, man setzt an verschiedenen Stellen an: Eltern und Schule sollten sich auskennen und an einem Strang ziehen, für die Kinder kann eine Therapie sinnvoll sein, vielleicht rät der Arzt auch zu Medikamenten. "Eltern sollten auch die positiven Effekte von Sport und Bewegung nutzen, um ihr Kind zu unterstützen", so Maroß. Im Vordergrund sollte dabei nicht die Frage stehen, mit welchem Sport man am meisten erreicht. "Wichtig ist, dass man den Sport findet, der zum Kind passt und ihm Spaß macht", sagt Prof. Dr. Petra Jansen, Leiterin des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Regensburg. Gemeinsam mit Dr. Susanne Ziereis wies sie kürzlich nach, dass Sport sogar das Arbeitsgedächtnis bei ADHS-Kindern verbessert und sie so Informationen besser aufnehmen können. "Für diese Steigerung war es unerheblich, ob die Kinder Akrobatik oder Beachvolleyball gemacht haben, geschwommen und geklettert sind." Andere Untersuchungen geben Hinweise darauf, dass ADHS-Kinder stärker profitieren, wenn sie sich in der Natur und nicht drinnen bewegen.
Insgesamt wenige Studien zu ADHS und Bewegung
Zwar gibt es insgesamt noch wenige Studien zum Thema ADHS und Bewegung, doch lassen sich aus Expertensicht viele wissenschaftliche Ergebnisse von gesunden Kindern und Erwachsenen zum positiven Einfluss des Sports auch auf Menschen mit ADHS-Symptomen übertragen. So weiß man, dass Sport die visuell-räumlichen Fähigkeiten genauso verbessert, wie er Gefühle und Stimmungen positiv beeinflusst. Zwar gibt es Sportarten, mit denen sich gezielt bestimmte Fähigkeiten verbessern lassen. Judo beispielsweise gibt sehr strikte Regeln vor, Bogenschießen erfordert hohe Konzentration, Mannschaftssport fördert das Miteinander. Doch wer sein Kind zu einer bestimmten Sportart drängt, riskiert schnell, dass es die Lust verliert. Deshalb rät Jansen dazu, das Kind selbst auswählen und ausprobieren zu lassen. Vielleicht kommt der Junge oder das Mädchen im Fußballteam doch besser zurecht als erwartet.
Spaß haben und dranbleiben
Wichtig ist, dass das Kind Spaß hat, dranbleibt und am besten täglich aktiv ist, mindestens aber zwei bis drei Mal pro Woche für wenigstens eine Stunde. Auch hierbei hält Jansen nichts von pauschalen Zielen: "Es gibt kein Patentrezept. Eltern müssen genau schauen, was ihr Kind braucht. Und sei es, dass bei manchen am Ende die Entscheidung auf Yoga fällt, weil das dem Kind hilft, ausgeglichener zu werden."