Wenn der Herzschlag aus dem Takt gerät
Vorhofflimmern
28.11.17 (ams). Wenn das Herz normal schlägt, nimmt man es gar nicht wahr. Bei Patienten mit Vorhofflimmern schlägt das Herz hingegen unregelmäßig und oft zu schnell. "Die Wahrscheinlichkeit, ein Vorhofflimmern zu entwickeln, steigt mit dem Alter", sagt Dr. Julian Bleek, Arzt im AOK-Bundesverband. "Wichtig ist, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, denn sie erhöht das Risiko für einen Schlaganfall."
Vorhofflimmern gehört zu den häufigsten Herzrhythmusstörungen. Etwa zwei Prozent der gesamten Bevölkerung in Deutschland und ungefähr sieben Prozent der über 65-Jährigen sind davon betroffen, schätzt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Beim Vorhofflimmern kreisen in den Herzvorhöfen ungeordnete elektrische Erregungswellen mit hoher Frequenz. "Die Vorhöfe können sich nicht mehr wirksam zusammenziehen, sie ‘flimmern‘ nur noch", erläutert AOK-Arzt Bleek. In unregelmäßigen Abständen werden die Vorhoferregungen auf die Herzkammern übertragen. Es kommt zu einem unregelmäßigen Herzschlag. Oftmals schlägt das Herz zu schnell, der Herzschlag kann aber auch zu langsam sein. Ohne Unterstützung der Vorhöfe verringert sich auch die Herzleistung.
Sendefähiger Radio-O-Ton mit Dr. Julian Bleek, Arzt im AOK-Bundesverband
Schwächegefühl, Benommenheit, Schwindel
In der Regel tritt Vorhofflimmern zunächst einmalig auf. Mit der Zeit können sich die Episoden häufen, bis das Herz schließlich dauerhaft aus dem Takt gerät. Neben dem Herzstolpern und -rasen können die Patienten unter einem Schwächegefühl, Benommenheit oder Schwindel leiden. Bis zu 30 von 100 Menschen mit einem Vorhofflimmern haben laut IQWiG allerdings keine oder nur unspezifische Beschwerden. Ursache für die Erkrankung sind oft Bluthochdruck, die koronare Herzkrankheit, Herzschwäche und Herzklappenfehler. Seltener lösen eine Überfunktion der Schilddrüse und bestimmte Medikamente die Erkrankung aus. Bei ungefähr einem Drittel der Betroffenen bleibt der Auslöser unbekannt.
Bei Vorhofflimmern besteht normalerweise keine akute Lebensgefahr, es können sich aber langfristig Folgeerkrankungen wie Herzschwäche oder ein Schlaganfall entwickeln. Da sich die Herzvorhöfe nicht mehr richtig zusammenziehen, können sich im Herzen Blutgerinnsel bilden. Diese Gerinnsel können dann mit dem Blutstrom in die Gefäße gelangen, die das Gehirn mit Sauerstoff versorgen und sie verstopfen.
Zwei Strategien der Behandlung
"Menschen mit Vorhofflimmern sollten daher in der Regel ein blutverdünnendes Medikament einnehme", rät Bleek. Gemeinsam mit dem Arzt können die Vor- und Nachteile einer blutverdünnenden Therapie gegeneinander abgewogen werden. Liegt dem Vorhofflimmern eine andere Erkrankung oder Störung zugrunde, etwa eine undichte Herzklappe oder eine Schilddrüsenüberfunktion, sollte diese behandelt werden.
Für die Behandlung des gestörten Herzschlags selbst gibt es zwei Strategien:
- Bei vielen Patienten genügt eine Behandlung, bei der die Herzfrequenz kontrolliert wird. Der zu hohe Puls wird dauerhaft mit Medikamenten gesenkt, meist mit einem Mittel aus der Gruppe der Betablocker. Ziel ist es, das Herz zu entlasten und Symptome zu verringern, nicht jedoch, das Vorhofflimmern zu beseitigen.
- Die zweite Behandlungsstrategie zielt darauf ab, den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen. Das geschieht in der Regel mit Medikamenten (medikamentöse Kardioversion) oder mit der elektrischen Kardioversion. Dabei werden unter einer kurzen Narkose Elektroden auf den Oberkörper aufgelegt, über die ein Stromschlag abgegeben und dadurch der Herzrhythmus normalisiert wird. Danach nehmen die Patienten üblicherweise Medikamente zur Stabilisierung des Herzrhythmus ein (Antiarrythmika), um Rückfällen vorzubeugen. Gelingt es nicht, auf diese Weise den normalen Herzrhythmus stabil zu halten, kann eine Herzkatheter-Behandlung (Katheterablation) infrage kommen. Dabei werden mit einer Sonde bestimmte Areale im Herzen, von denen die Rhythmusstörung ausgeht, durch die Abgabe von Hochfrequenzstrom elektrisch isoliert.
Therapie-Ansatz hängt von Beschwerden ab
Welcher Therapie-Ansatz zum Zuge kommt, hängt von den Beschwerden des Patienten und den Ursachen für das Vorhofflimmern ab. "Patienten sollten sich mit ihrem Arzt beraten und gemeinsam die Vor- und Nachteile beider Behandlungsstrategien abwägen", empfiehlt Bleek. Die Entscheidung muss dabei nicht endgültig sein. Im Verlauf der Erkrankung kann es Gründe für einen Wechsel der Behandlungsstrategie geben.