Demenz: Frühzeitige Behandlung mildert die Symptome

ams-Serie "Pflege" (12)

19.12.17 (ams). Bis vor eineinhalb Jahren hatte Mechthild D. (Name geändert) ihr Leben noch voll im Griff - managte Haushalt und ehrenamtliches Engagement perfekt. Dann kamen kleine Aussetzer, sie vergaß gelegentlich einen Termin und manchmal fehlten ihr die richtigen Worte, was sie jedoch zunächst geschickt überspielte. Doch es fiel der 80-Jährigen zunehmend schwer, neue Informationen zu behalten oder sich in ungewohnter Umgebung zu orientieren. Ihrer Tochter gelang es schließlich, sie zu einem klärenden Arztbesuch zu bewegen. Die Diagnose: Alzheimer-Demenz.

Etwa 1,4 Millionen Menschen in Deutschland haben laut Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eine Demenz. Die Mehrzahl davon sind Frauen. Das liegt vor allem daran, dass Frauen im Durchschnitt älter werden als Männer. Die meisten Demenz-Erkrankungen treten im hohen Alter auf: Von den 65- bis 69-Jährigen erkranken etwa zwei Prozent, von den 80- bis 84-Jährigen etwa zehn Prozent. Demenz ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Krankheitsbildern. Alzheimer ist dabei am weitesten verbreitet: Schätzungsweise 70 Prozent aller Demenzkranken leiden daran. Bei der Alzheimer-Demenz sterben Nervenzellen ab. Im Gehirn von Betroffenen lagern sich kleine Eiweißpartikel ab und ein wichtiger Botenstoff, Acetylcholin, ist in zu geringer Menge vorhanden. Die zweithäufigste Form der Demenz ist die gefäßbedingte, "vaskuläre" Demenz, die auf Durchblutungsstörungen im Gehirn zurückgeht. Ihr Anteil beträgt etwa zehn bis 20 Prozent.


Sendefertige Radio-O-Töne mit Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband

Unterschied primäre und sekundäre Demenz

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Tipps für Angehörige zum Arztbesuch


Unterschieden wird zwischen primären und sekundären Demenzen. Primäre Demenzen haben ihre Erkrankungsursache im Gehirn. Bei sekundären Demenzen liegt eine andere Grunderkrankung vor, die demenzielle Symptome zur Folge hat. In diesem Fall können die Auswirkungen heilbar sein. So etwa bei einigen Stoffwechselerkrankungen, bei denen durch die Therapie der Grunderkrankung Einbußen der Gehirnleistung rückgängig gemacht werden können. Für primäre Demenzen, zu denen die Alzheimer-Krankheit und die vaskuläre Demenz gehören, gibt es trotz intensiver Forschung bislang keine Heilungschancen. Die klassischen Symptome einer Demenz – besonders im frühen Stadium - sind Vergesslichkeit, Verhaltensänderungen wie Reizbarkeit, Schlafstörungen oder Verstimmungen sowie Orientierungsprobleme. Doch können auch andere Erkrankungen diese Symptome auslösen, zum Beispiel eine Depression. "Es ist daher sinnvoll, die Ursachen für verändertes Verhalten möglichst früh durch eine ärztliche Untersuchung abzuklären", sagt Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband. Eine klare Diagnose sei zwar meist ein Schock, bringe aber auch Erleichterung für Erkrankte und Angehörige: "Sie können sich dann Wesens- und Verhaltensveränderungen besser erklären und entsprechende Beratungsangebote aufsuchen. Eine medikamentöse Behandlung kann dazu beitragen, Symptome abzumildern. Sie kann den Verlauf, beispielsweise einer Alzheimer-Erkrankung,  aber nicht aufhalten. Die Entscheidung sollte immer mit dem Arzt gemeinsam getroffen werden."

Doch wie den Partner oder den Elternteil zum Arztbesuch bewegen, wenn er keine Notwendigkeit dafür sieht? Eine Möglichkeit ist, einen allgemeinen Gesundheits-Check-up beim Hausarzt vorzuschlagen, um den Betroffenen nicht in Unruhe zu versetzen. Der Hausarzt beziehungsweise das Praxisteam sollten vorab informiert werden, damit zum Beispiel ein Hirnleistungstest in die Untersuchung eingeplant werden kann. "Bei der Untersuchung ist es gut, wenn ein Angehöriger dabei ist. Er oder sie sollte sich überlegen, wo es zu Veränderungen gekommen ist und diese auch benennen können. Hilfreich für den Arzt sind außerdem Vorbefunde und eine Liste der aktuell eingenommenen Medikamente des Patienten", so Debrodt.

Frühzeitig Rat einholen

Steht die Diagnose Demenz fest, sollten Angehörige den Betroffenen behutsam darauf ansprechen, wie es weitergehen soll, wenn er Entscheidungen nicht mehr selbst treffen kann. Eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung bestimmt, welche Person dies später übernehmen soll. Man kann genau festlegen, für welche Angelegenheiten die Vollmacht gilt. Sinnvoll ist auch eine Patientenverfügung. Wichtig ist es für Betroffene wie für Angehörige, sich frühzeitig Rat zu holen, zum Beispiel bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

Der Austausch mit anderen Betroffenen wird von vielen als wertvoll erlebt. Wichtig ist es, weiter aktiv zu sein und die Aufgaben des täglichen Lebens zu verrichten, seine Hobbys zu pflegen und so lange wie möglich körperlich aktiv zu bleiben. Nützlich ist eine übersichtliche, helle Gestaltung der Wohnräume. Hilfsmittel wie Kalender, Infozettel oder auch eine Abschaltautomatik für Elektrogeräte können sehr hilfreich sein. Pflegestützpunkte der Krankenkassen bieten ebenfalls die Möglichkeit, sich zu Unterstützungsangeboten beraten zu lassen.

Weitere Infos:
Infos des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Informationsplattform über Demenz
Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz

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