Fasten kann Einstieg in eine gesündere Lebensweise sein

Kompletter Verzicht zum Abnehmen ungeeignet

24.01.18 (ams). Eine üppige Geburtstagstorte oder ein fürstliches Fünf-Gänge-Menü - danach hat manch einer das Gefühl, seinem Körper etwas Gutes tun zu können, indem er ihm die Nahrung entzieht. Gerade im Frühjahr entscheiden sich viele Menschen fürs Fasten. Sie verbinden mit dem zeitweiligen Verzicht auf feste Nahrung die Erwartung, überflüssige Pfunde zu verlieren, den Körper zu entschlacken und den Geist zu reinigen. Oft geht damit auch die Erwartung einher, Beschwerden wie etwa Haut- und Gelenkerkrankungen zu lindern. Fasten ist in. Doch der gesundheitliche Nutzen ist wissenschaftlich oft nicht ausreichend belegt.

Das Fasten hat eine lange Tradition: Im Christentum ist vor allem die 40-tägige Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern bekannt. Der Verzicht gilt Gläubigen als Akt der Demut und des Opfers. Muslime befolgen im Ramadan ein strenges Fasten, wenn sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts essen. Im Judentum gibt es den Brauch, zu einer bestimmten Zeit im Jahr eine Fastenzeit zu durchleben, etwa am Jom-Kippur-Tag, dem Versöhnungstag. Auch in der Yogapraxis spielt das Fasten eine große Rolle. "Zur langfristigen Gewichtsreduktion ist Fasten jedoch ein falscher Ansatz. Auch die Vorstellung, den Körper von Schlacken zu reinigen, ist nicht richtig", sagt Dorothea Jansen, Ernährungsberaterin bei der AOK. Bei gesunden Menschen gibt es keine Ansammlung von Abbauprodukten. Nicht verwertbare Stoffe werden bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr über den Darm und die Niere ausgeschieden.

Wer es mit dem Fasten übertreibt, kann seine Gesundheit sogar gefährden. Denn durch den radikalen Nahrungsentzug drosselt der Körper den Energieverbrauch auf Sparflamme. Bekommt er wieder normal zu essen, nimmt das Körpergewicht sprunghaft zu - ein Vorgang, der als "Jo-Jo-Effekt" bezeichnet wird. Vor allem Menschen mit Übergewicht lernen nur durch Fasten nicht, wie sie sich in Zukunft besser ernähren können. Wer dauerhaft abnehmen will, muss die Ernährung und sein Essverhalten umstellen und sich ausreichend bewegen. Keinesfalls fasten sollten jedoch Kinder, Schwangere, stillende Mütter und Menschen, die an Krebs, Bluthochdruck, Diabetes, erhöhten Harnsäurewerten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einer Schilddrüsenüberfunktion oder anderen Erkrankungen leiden. Auch die veränderte Wirkung von Medikamenten sollte vor dem Fasten stets mit dem Arzt besprochen werden. Und selbst für Gesunde gilt: Das Fastenvorhaben sollte immer zuerst mit dem Hausarzt besprochen und von ihm begleitet werden, da der abrupte Verzicht auf Nahrung auch für Gesunde eine Belastung bedeutet. "Wer längere Zeit, also zehn Tage oder mehr, auf feste Nahrung verzichtet, muss mit Erschöpfungszuständen, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Mundgeruch und niedrigem Blutdruck rechnen", so Jansen. Erst nach mehrtägigem Fasten kann das Gehirn die Energieversorgung umschalten. In der Anfangsphase baut der Körper deshalb verstärkt körpereigenes Eiweiß aus der Muskulatur ab, die dadurch geschwächt wird. Wer allerdings in der heutigen Zeit des Überflusses Verzicht üben will oder sein Gefühl für Hunger und Sättigung neu entdecken möchte, für den können ein paar Tage Fasten in einer anderen Umgebung fernab vom Alltag eine gute Möglichkeit zum Abschalten sein.

Diäten im Check

Detox-Entgiftungsdiät: Das Gewicht soll durch den Verzicht auf verarbeitete Lebensmittel wie Zucker, Weißmehl, Gluten und Hefe reduziert werden. Gleichzeitig soll der Körper schädliche Substanzen wie Umweltgifte abbauen und so entgiften. Tees und Massagen begleiten diese Diät. Für die Wirkung gibt es keine wissenschaftlichen Nachweise.

HCG-Diät: Verzehrt wird fett- und kalorienarme Kost mit viel Obst und Gemüse unter 500 Kilokalorien pro Tag. Humanes Choriongonadotropin (HCG) ist ein Hormon, das während der Schwangerschaft gebildet wird. Ergänzend zur täglichen Kost wird die Einnahme von HCG in Form von Tropfen, Pastillen oder Tabletten empfohlen, um Bauchfett abzubauen. Die Zufuhr des Hormons ist jedoch nicht unproblematisch. Es ist nicht abzusehen, welche Folgen der Wirkstoff auf den Körper hat. Für einen Gewichtsverlust gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Aufgrund einer zu geringen Energie- und Nährstoffzufuhr kann es zu Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Leistungsabfall und Kreislaufstörungen kommen. Von dieser Diät ist abzuraten.

Insulin-Trennkost-Diät: Meist werden drei Mahlzeiten am Tag mit einem Abstand von mindestens fünf Stunden eingenommen, die entweder Kohlenhydrate oder Proteine enthalten. Abends gibt es kohlenhydratarme Lebensmittel, um die nächtliche Insulinausschüttung zu drosseln. Ziel ist eine Gewichtsabnahme durch eine möglichst geringe Insulinausschüttung. Es gibt jedoch aus ernährungswissenschaftlicher Sicht keinen Grund, Kohlenhydrate und Proteine getrennt zu essen. Der Körper kann beides gleichzeitig verarbeiten. Es fehlt der Nachweis, dass eine geringe nächtliche Insulinausschüttung die Gewichtsabnahme dauerhaft fördert.

Intervallfasten: Beim Intervallfasten, etwa beim "5:2-Fasten", wird an zwei oder mehr Tagen in der Woche gefastet. An den Fastentagen gibt es nur kalorienarme Getränke wie Tee oder Wasser. Die Fastentage sollen zur Gewichtsabnahme führen. Unklar ist, was an den anderen Tagen passiert, weil jeder selbst entscheiden kann, was er an diesen Tagen isst und trinkt und ob dadurch langfristig abgenommen werden kann.

Paleo-Diät: Die Ernährung besteht hauptsächlich aus Wildpflanzen, Wurzeln, Beeren, Nüssen und Wildfleisch. Die Theorie der Steinzeiternährung geht davon aus, dass sich der menschliche Organismus an das Nahrungsumfeld der Altsteinzeit, des Paläolithikums, genetisch angepasst hat. Die Annahme, dass nur die Gene das Ernährungsverhalten prägen, greift zu kurz. Viele Faktoren wie das Erlernen bestimmter Verhaltensmuster, die Prägung durch das soziale Umfeld sowie physiologische Mechanismen beeinflussen ebenso die Ernährungsweise. Die Diät ist nicht zu empfehlen.

Formula-Diät: Formula-Diäten basieren darauf, Mahlzeiten durch Eiweißshakes, die mittels eines Instant-Konzentrat-Pulvers hergestellt werden, oder durch Diätriegel zu ersetzen. Kohlenhydratarme und eiweißreiche Kost sollen zu Gewichtsverlust führen. Dadurch gibt es jedoch keinen Lerneffekt hinsichtlich gesunder Ernährung. Geeignet ist es nur kurzfristig bei starkem Übergewicht und dann unter ärztlicher Kontrolle.

Basenfasten: Beim Basenfasten dürfen nur Lebensmittel gegessen werden, die als basisch gelten. Damit sollen die vermuteten Säureüberschüsse im Organismus abgebaut werden. Gegessen werden drei bis fünf kleine Mahlzeiten pro Tag mit Obst, Gemüse und Wasser oder Kräutertee. Fleisch-, Wurst- und Milchprodukte, Fisch, Süßigkeiten, Teigwaren, Kaffee und Alkohol sind nicht erlaubt. Die vorgeschriebenen Lebensmittel sind gesund, doch eine durch die Ernährung verursachte Übersäuerung ist bei gesunden Menschen nicht zu befürchten. Zusätzliche basenfördernde Nahrungsergänzungsmittel sind daher unnötig. Und:  Wichtige Getreide- und Milchprodukte werden in zu geringen Mengen oder gar nicht aufgenommen. Basenfasten ist kein geeigneter Weg zur Gewichtsabnahme und sollte in der Regel nicht länger als eine Woche durchgeführt werden.

Fazit: Das Geheimnis des Abnehmens ist, mehr Energie zu verbrauchen als aufzunehmen. Für eine erfolgreiche und dauerhafte Gewichtsabnahme ist eine Kombination aus Ernährungsumstellung, Verhaltensänderung und mehr körperlicher Aktivität wichtig. Eine gesunde Methode zeigt das AOK-Programm "Abnehmen mit Genuss". Es ist ein ausgewogenes und effektives Gesamtpaket zum Schlankwerden und Schlankbleiben - angepasst an persönliche Ziele und Bedürfnisse. Ziel ist, den Körper besser zu verstehen, sich richtig zu ernähren, ausreichend zu bewegen und sein neues Gewicht langfristig zu halten.

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