Die Letzten in der Reihe: Wissenswertes über Weisheitszähne
Ziehen oder nicht?
28.03.18 (ams). Ziehen oder nicht ziehen? Das ist hier die Frage. Schließlich sind Weisheitszähne überflüssig und machen oft Ärger. Aber eben nicht immer. Wann die potenziellen Störenfriede im Kiefer bleiben können und wann sie raus müssen, erklärt Katja Kühler, Zahnärztin bei der AOK. Oft ist es keine einfache, immer eine individuelle Entscheidung. Im Röntgenbild ist es deutlich zu sehen: Ganz hinten im Mund ist ein Zahn noch nicht durchgebrochen und liegt etwas schräg zur Zahnreihe - ein Weisheitszahn. "Früher wurden Weisheitszähne sehr oft gezogen, heute sind die Zahnärzte vorsichtiger", sagt Zahnärztin Kühler. "Nun gilt die Empfehlung, die Weisheitszähne nur dann zu entfernen, wenn Probleme auftreten oder zu erwarten sind."
Weisheitszähne sind nicht nur die letzten in der Zahnreihe, nämlich die "Achter" hinter den anderen sieben Zähnen auf einer Seite. Sie brechen auch, wenn überhaupt, als Letztes durch: etwa zwischen dem 18. und 24. Lebensjahr. Weil die Menschen dann schon lange aus dem Milchzahn-Alter raus sind, werden diese Zähne "Weisheitszähne" genannt. Die Nachzügler entwickeln sich allerdings oft zu Störenfrieden, weil sie nicht genug Platz im Kiefer haben und anderen Zähnen im Weg stehen. Sie sind Relikte aus längst vergangenen Zeiten, als Menschen noch einen größeren Kiefer brauchten, um unverarbeitete Nahrung, wie zum Beispiel rohes Fleisch, zermalmen zu können. Mit fortschreitender Evolution hat sich der Kiefer zurückgebildet und bietet eigentlich nur noch Platz für 28 statt der ursprünglichen 32 Zähne.
Manche haben nie Probleme mit den Achtern
Der menschliche Körper reagiert auf die veränderten Bedingungen, wenn auch langsam: Nicht alle Menschen haben vier Weisheitszähne, und nicht immer kommen sie zum Vorschein. Bei manchen bleiben sie ein Leben lang still im Kiefer liegen, bei manchen sind nur drei, zwei, einer oder sogar gar kein "Achter" im Gebiss angelegt. Wir brauchen die Weisheitszähne nicht mehr zum Kauen und dann machen sie oft genug auch noch Ärger. So drücken sie manchmal gegen den benachbarten Backenzahn, gegen den Kieferknochen, oder es bildet sich beim Herauswachsen eine Zahnfleischtasche, die für eine Schwellung und Entzündung sorgt bis hin zu einem Abszess. Es kann auch ganz versteckt Karies entstehen, weil mit der Zahnbürste nicht so gut hinten im letzten Mundwinkel geputzt werden kann. "Ein Weisheitszahn sollte dann entfernt werden, wenn die Betroffenen Schmerzen haben oder Beschwerden beim Kauen und Schlucken. Durch die sehr enge Lage zu den Nachbarzähnen kann sich in diesen Nischen schnell eine Karies bilden, die dann auch zur Wurzelentzündung führen kann. Dann sollte der Weisheitszahn raus", sagt AOK-Expertin Kühler. Auch wenn absehbar ist, dass es zu eng wird und ursprünglich korrekt stehende Zähne übereinander geschoben werden, müssen die Weisheitszähne weichen.
Wenn der Zahn noch tief im Kiefer steckt, wird er nicht gezogen, sondern herausoperiert. Das kann der Zahnarzt ausführen, in komplizierteren Fällen wird er allerdings zum Kieferchirurgen überweisen. Oft reicht eine lokale Betäubung. Werden allerdings gleich alle vier Weisheitszähne entfernt, liegen sie sehr kompliziert oder sind die Ängste des Patienten groß, kann auch mal eine Vollnarkose notwendig sein. Das Für und Wider eines Eingriffs sollten Zahnarzt und Patient sorgfältig gegeneinander abwägen. Schließlich geht jede OP auch mit Risiken einher. Es kann zu Komplikationen wie Blutungen, Infektionen oder Schäden an den Nachbarzähnen kommen. Auch vorübergehende Taubheitsgefühle an Zähnen, Zunge oder Gesicht sind nicht ausgeschlossen, weil der Weisheitszahn im Unterkiefer dicht an dem Nerv liegt oder ihn mitunter sogar mit der Wurzel umschließt, der den Unterkiefer sensibel versorgt. Nach der Operation sind die Patienten auf jeden Fall für ein paar Tage beeinträchtigt: Es ist damit zu rechnen, dass Schmerzen auftreten, Wange und Mundbereich geschwollen sind und der Mund nicht richtig geöffnet werden kann. Anweisungen des behandelnden Zahnarztes, was nach einer OP zu tun ist, sollten daher genau befolgt werden.
Für die Entscheidung, ob die Weisheitszähne raus müssen oder doch belassen werden, können sich die Patienten in der Regel Zeit lassen und bei Unklarheiten einen zweiten Zahnarzt zu Rate ziehen. Vielleicht lässt es sich mit den Achtern ja gut leben. "Oft bereiten nicht durchgebrochene Weisheitszähne keine Beschwerden", sagt Zahnärztin Kühler. "Und wenn sie durchbrechen, ist es durchaus möglich, dass sie sich problemlos in die Zahnreihe einfügen." Ganz nutzlos sind die Nachzügler auch nicht immer: Manchmal eignen sie sich als Ersatz für verloren gegangene oder stark geschädigte Backenzähne.