Wenn es (noch) nicht weh tut: Männer, ran an die Früherkennung
ams-Serie „Männergesundheit“ (1)
29.01.19 (ams).Männer nehmen Früherkennungs-Untersuchungen seltener wahr und überlassen hier gerne Frauen das Feld. Dabei ist es auch für sie wichtig, sich über diese Angebote zu informieren. Denn wird ein Bluthochdruck oder eine Krebserkrankung früh erkannt, ist in vielen Fällen eine frühzeitigere Behandlung möglich, von der Patienten profitieren können. Welche Untersuchungen die gesetzlichen Krankenkassen für Männer bezahlen und was sich 2019 ändert, das berichtet Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband.
Männer rauchen mehr, trinken mehr und ernähren sich ungesünder als Frauen. Trotzdem sind sie eher Vorsorgemuffel, wie eine Erhebung des Robert Koch-Instituts zeigt: Weniger als die Hälfte der Männer, nur 40 Prozent, nehmen die Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung regelmäßig in Anspruch, bei den Frauen sind es immerhin gut zwei Drittel (67,2 Prozent).
Männliche Stereotypen wie Stärke, Unabhängigkeit und Risikobereitschaft - das scheint nicht gut vereinbar damit, sich um die eigene Gesundheit zu kümmern. "Das Gesundheitsverhalten hängt auch von den Geschlechterrollen ab", erklärt Arzt Ebel. Bei Schmerzen und Verletzungen beißen Männer eher mal die Zähne zusammen, als sich medizinische Hilfe zu holen. Erst recht sehen sie offenbar keinen Sinn darin, zum Arzt zu gehen, wenn gar nichts weh tut. Doch genau das ist das Prinzip der Gesundheitschecks: "Diese Untersuchungen richten sich an Menschen ohne Beschwerden, mit dem Ziel, Krankheiten in einem frühen Stadium zu erkennen", so Ebel. Denn viele gefährliche Krankheiten, wie Bluthochdruck, Diabetes oder Krebs, verursachen zunächst keine Symptome. Ebel: "Kommt man ihnen frühzeitig auf die Spur, kann das den Behandlungserfolg und die Heilungschancen verbessern." Doch Früherkennung kann auch schaden, etwa durch falschen Alarm oder unnötige Diagnosen. "Daher ist es wichtig, sich über Vor- und Nachteile der einzelnen Untersuchungen zu informieren", sagt Ebel.
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache
Männern bieten die gesetzlichen Krankenkassen Untersuchungen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Nierenerkrankungen sowie Haut-, Prostata- und Darmkrebs an. Immerhin ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Neu hinzugekommen ist für Männer seit Januar 2018 die Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung eines Bauchaortenaneurysmas, denn Männer sind von dieser gefährlichen Erweiterung der Schlagader im Bauch wesentlich häufiger betroffen als Frauen. Die Kosten aller Früherkennungsuntersuchungen tragen die Krankenkassen, allerdings erst ab einem bestimmten Alter, weil dann das Risiko für die jeweilige Erkrankung steigt. Unabhängig vom Alter können Versicherte die jährlichen zahnärztlichen Kontrollen in Anspruch nehmen. Tun sie das regelmäßig, kann die Krankenkasse dafür einen Bonus gewähren.
Check-up 35
Ab einem Alter von 35 Jahren können Männer wie Frauen derzeit alle zwei Jahre einen Gesundheitscheck beim Hausarzt durchführen lassen. Dabei geht es vor allem darum, Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, für Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und Nierenerkrankungen frühzeitig auf die Spur zu kommen. Die Ärztin beziehungsweise der Arzt wird danach fragen, wie der Patient lebt und sich ernährt, wie viel er sich bewegt, ob er raucht und ob es bestimmte Erkrankungen in der Familie gibt. Der Blutdruck wird gemessen, das Blut und der Urin im Labor untersucht. Sind zum Beispiel der Blutdruck oder die Blutzuckerwerte erhöht, kann der Arzt dem Versicherten bei Bedarf zum Beispiel Kurse zur Stressbewältigung, Bewegung, Ernährung oder Raucherentwöhnung empfehlen und dafür eine ärztliche Bescheinigung ausstellen. Auf dieser Basis kann die Krankenkasse des Versicherten entscheiden, ob sie die Kosten für den Präventionskurs übernimmt.
Früherkennung Hautkrebs
Beim Hautkrebs-Screening befragt der Arzt den Patienten nach Hautveränderungen und begutachtet die Haut am ganzen Körper - einschließlich des behaarten Kopfes und der Hautfalten. Das Screening kann von allen Versicherten über 35 Jahren alle zwei Jahre durchgeführt werden. Einen verdächtigen Befund muss eine Fachärztin beziehungsweise ein Facharzt für Dermatologie abklären.
Nur für Männer: Früherkennung Prostatakrebs
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei älteren Männern. Deshalb wird Männern ab einem Alter von 45 Jahren angeboten, sich jedes Jahr einmal die äußeren und inneren Geschlechtsorgane bei einem Urologen untersuchen zu lassen. Dabei tastet der Arzt die Genitalien und die Lymphknoten in der Leiste ab. Die Prostata ist vom Enddarm aus mit dem Finger gut tastbar. Bei Auffälligkeiten kommt der PSA-Test zum Zug, der in diesem Fall auch von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt wird. Als reine Früherkennung gibt es den umstrittenen PSA-Test nur als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL), die die Patienten selber zahlen müssen. Auch eine Gewebeprobe und eine Ultraschalluntersuchung können helfen, einen auffälligen Befund abzuklären.
Früherkennung Darmkrebs
Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebserkrankung bei Männern. Ab einem Alter von 50 Jahren haben Männer, genauso wie Frauen, einen Anspruch auf Untersuchungen zur Damkrebsfrüherkennung. Dabei handelt es sich um zwei Verfahren: Zwischen dem 50. und 54. Lebensjahr können die Versicherten jährlich eine Stuhlprobe einreichen. „Blut im Stuhl kann ein Anzeichen für Darmkrebs sein. Bei einem auffälligen Befund erfolgt dann eine Darmspiegelung zur Abklärung, ob eine bösartige Erkrankung die Ursache ist. "Es gibt viele gutartige Ursachen, warum Blut im Stuhl auftreten kann, zum Beispiel Hämorrhoiden", berichtet AOK-Experte Ebel. Ab einem Alter von 55 Jahren (für Männer künftig ab 50, siehe unten) stehen jedem Mann und jeder Frau zwei große Darmspiegelungen zu, im Abstand von mindestens zehn Jahren. Großer Vorteil der Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt: "Sie ist die einzige wirkliche Vorsorgeuntersuchung, bei der der Arzt Vorstufen von Darmkrebs, sogenannte Polypen oder Adenome, entfernen und dadurch möglicherweise eine Krebsentwicklung verhindern kann", betont Ebel. Ein Grund dafür, dass seit Einführung der Darmspiegelung zur Früherkennung weniger Menschen an Darmkrebs erkranken und sterben.
Menschen, denen eine Darmspiegelung zu unangenehm ist, können sich auch alternativ für den Test auf verborgenes Blut im Stuhl entscheiden, der ihnen dann alle zwei Jahre zusteht.
Früherkennung – eine Übersicht
- Ab 18, für Männer und Frauen: Zahnvorsorge, (mindestens) einmal im Jahr.
- Zwischen dem 18. und 34. Lebensjahr: Einmalige Gesundheitsuntersuchung wie Check-up 35 (voraussichtlich ab Frühjahr 2019).
- Ab 35, für Männer und Frauen: Check-up 35, Risikofaktoren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen
- Ab 35, für Männer und Frauen: Früherkennung Hautkrebs
- Ab 45, für Männer: Früherkennung Prostatakrebs und Krebs des äußeren Genitals
- Ab 50, für Männer und Frauen: Früherkennung Darmkrebs
- Ab 65, für Männer: Früherkennung Bauchaortenaneurysma
Neu und nur für Männer: Früherkennung Bauchaortenaneurysma
Ein Aneurysma ist eine wenig bekannte, dafür umso gefährlichere Erkrankung: Wenn die Schlagader im Bauch ausgebeult ist - zum Beispiel durch Bluthochdruck - kann sie platzen. Das größte Risiko für diesen Notfall tragen Männer ab 65 Jahren. Deshalb wird ihnen von den gesetzlichen Krankenkassen seit Januar 2018 eine einmalige Ultraschalluntersuchung des Bauches angeboten, womit eine solche Erweiterung der Schlagader zuverlässig entdeckt und gegebenenfalls operiert werden kann.
Zahnärztliche Kontrolle
Mindestens einmal pro Kalenderhalbjahr sollte jeder Erwachsene seine Zähne und das Zahnfleisch untersuchen lassen. Gegebenenfalls entfernt der Zahnarzt gleich noch Zahnstein, prüft die Sensibilität der Zähne oder veranlasst eine Röntgenuntersuchung. Ist im Bonusheft die regelmäßige Zahnvorsorge verzeichnet, belohnen das die gesetzlichen Krankenkassen, indem sie einen höheren Zuschuss bei Zahnersatz gewähren.
Das wird sich ändern
Beim Check-up 35 haben demnächst auch jüngere Versicherte zwischen 18 und 34 Jahren einen einmaligen Anspruch auf eine solche ärztliche Gesamtuntersuchung; Versicherte ab 35 Jahren dann noch alle drei Jahre. Laut Bundesgesundheitsministerium wird diese Neuerung voraussichtlich ab Frühjahr 2019 in den Arztpraxen umgesetzt werden können.
Außerdem gibt es eine Verbesserung bei der Vorsorge von Darmkrebs: Weil Männer öfter und früher an Darmkrebs erkranken als Frauen, wird ihnen die Darmspiegelung künftig bereits ab einem Alter von 50 Jahren angeboten. Voraussichtlich im Laufe des Jahres 2019 ist dies in den Arztpraxen umsetzbar. Zudem erhalten die Versicherten künftig eine Einladung und ein Informationsblatt, in dem die Vorteile und mögliche Nachteile erläutert werden. Bei der Darmkrebs-Vorsorge ist die Akzeptanz bei beiden Geschlechtern übrigens in etwa gleich: Ungefähr so viele Männer wie Frauen nehmen die Koloskopie wahr.
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