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Resiliente Beschäftigte und Unternehmen haben Pandemie-Stresstest besser bestanden
Fehlzeiten-Report
30.09.21 (ams). Die Zeit der Corona-Pandemie bedeutet für viele Menschen Stress, Einschränkungen und Belastungen. Viele Eltern mit schulpflichtigen Kindern beispielsweise müssen Homeoffice und Homeschooling unter einen Hut bringen. Andere haben Angst, sich oder nahestehende Menschen anzustecken. Je anpassungsfähiger und flexibler Beschäftigte jedoch sich selbst und ihr Unternehmen in der Pandemie empfunden haben, desto besser bewerten sie ihren Gesundheitszustand und ihr individuelles Wohlbefinden. Das sind zentrale Ergebnisse einer Befragung von mehr als 2.500 Beschäftigten zwischen 20 und 65 Jahren für den Fehlzeiten-Report 2021 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), die im Frühjahr 2021 durchgeführt worden ist.
Insgesamt sind bei vielen Beschäftigten jedoch besonders die psychischen Beschwerden im Zuge der Pandemie gestiegen, so ein weiteres Ergebnis des aktuellen Fehlzeiten-Reports. Er beleuchtet auch die gestiegenen Belastungen in der Pflege während der Pandemie. Der AOK-Bundesverband präsentierte in diesem Zusammenhang auch die Initiative "Pflege.Kräfte.Stärken" zur Betrieblichen Gesundheitsförderung in der Pflege.
Große Mehrheit der Befragten bleibt optimistisch
Die große Mehrheit der Befragten zeigt sich trotz fast zwölf Monaten des Arbeitens im Ausnahmezustand optimistisch und voller Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. "Die Befragungsergebnisse zur individuellen Resilienz, also der Fähigkeit, Belastungssituationen zu trotzen und sie gestärkt zu überwinden, sind insgesamt sehr positiv ausgefallen. Offenbar hat die Erfahrung, dass das eigene Unternehmen die Krise bewältigt hat, das arbeitsbezogene Selbstvertrauen der Erwerbstätigen gestärkt", sagt Helmut Schröder, stellvertretender WIdO-Geschäftsführer und Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports.
Große Unterschiede bei psychosomatischen Beschwerden
Allerdings zeigen sich gerade bei emotionalen und psychosomatischen Beschwerden große Unterschiede zwischen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern: Beschäftigte mit niedriger individueller Resilienz berichten mehr als doppelt so häufig über Zweifel an den eigenen Fähigkeiten (69 Prozent versus 27 Prozent) oder über Angstgefühle (52 versus 11 Prozent) wie Beschäftigte mit besonders hoher individueller Resilienz. Auch bei körperlichen Beschwerden wie Magen-Darm-Problemen (38 versus 13 Prozent) oder Herz-Kreislauf-Beschwerden (36 versus 12 Prozent) gibt es deutliche Unterschiede.
Unterstützung durch Führungskraft und Zusammenhalt wichtig
Die Studie beleuchtet außerdem die Krisenbewältigung durch die Unternehmen: Beschäftigte, die ihr Unternehmen in der Krise als besonders anpassungsfähig, die Führungskraft als Unterstützung und den Zusammenhalt im Betrieb als gut erleben, berichten seltener von gesundheitlichen Beschwerden. Dieser Effekt spiegelt sich auch in den krankheitsbedingten Fehltagen wider: Beschäftigte, die der Resilienz ihres Unternehmens besonders gute Noten geben, haben im Schnitt 7,7 krankheitsbedingte Fehltage in den letzten zwölf Monaten. Bei Erwerbstätigen, die die Unternehmensresilienz besonders schlecht bewerten, sind es dagegen 11,9 krankheitsbedingte Fehltage. Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen nach eigenen Angaben auch häufiger krank zur Arbeit. "Insgesamt wird deutlich, dass ein offener Umgang mit Fehlern, ein guter Informationsfluss und schnelle Entscheidungen ein Unternehmen in Krisen widerstandsfähiger machen", betont Schröder.
Großer Umbruch in der Arbeitswelt
In den Ergebnissen der Befragung nach einem Jahr Pandemie spiegelt sich ein großer Umbruch in der Arbeitswelt wider. So geben 80 Prozent der Beschäftigten an, dass sich ihre persönliche Arbeitssituation in den letzten drei Monaten verändert habe. Fast 70 Prozent arbeiteten im Homeoffice, über 60 Prozent berichten von einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten.
Auswirkungen auf Beschäftigte in der Altenpflege
In einem eigenen Beitrag beleuchtet der diesjährige Fehlzeiten-Report die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Beschäftigten in der Altenpflege. Eine Befragung von mehr als 500 Führungskräften aus Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten aus der ersten Pandemiewelle ergab, dass in dieser ohnehin schon stark belasteten Berufsgruppe ein weiterer Anstieg der Herausforderungen und Belastungen zu verzeichnen war.
"Der Haupt-Belastungsfaktor war die Sorge um das psychische Wohlergehen der Pflegebedürftigen, insbesondere bei Menschen mit demenzieller Erkrankung", berichtet Dr. Kira Isabel Hower, Autorin des Beitrags im Fehlzeiten-Report 2021.
AOK-Vorstand Martin Litsch rief die Unternehmen auf, gerade vor dem Hintergrund der großen Veränderungen der Arbeitswelt durch die Pandemie die Angebote der gesetzlichen Krankenkassen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung zu nutzen. "Dies gilt insbesondere für die Pflegebranche, wo die Fehlzeiten im Vergleich zu allen anderen Berufen überdurchschnittlich hoch waren", sagte Litsch.
AOK-Initiative "Pflege.Kräfte.Stärken"
Bei den knapp 660.000 Pflegekräften, die bei der AOK versichert sind, waren vergangenes Jahr im Durchschnitt 25,4 AU-Tage zu verzeichnen. Das waren 6,1 Fehltage mehr als im Durchschnitt der AOK-Mitglieder. "Die AOK stellt sich den Problemen in der Pflege, die durch die Pandemie noch einmal verschärft worden sind", betonte Litsch. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen in der Pandemie sei die AOK im vergangenen Jahr in über 1.300 Einrichtungen der Pflegebranche mit ihren BGF-Maßnahmen aktiv gewesen. Damit nehme die Gesundheitskasse eine Spitzenposition unter den gesetzlichen Krankenkassen ein. Mit der Initiative "Pflege.Kräfte.Stärken" werde man das Angebot noch weiter ausbauen - insbesondere durch zusätzliche digitale Angebote wie Online-Seminare.