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Mandel-OPs: bei nachträglichen Eingriffen große Unterschiede zwischen Kliniken

Im AOK-Gesundheitsnavigator jetzt auch Daten zur Indikationsqualität

23.02.23 (ams). Bei Mandeloperationen gibt es je nach Klinik große Unterschiede bei der Häufigkeit von nachträglich auftretenden Blutungen und weiteren Komplikationen. Das Risiko von Nachblutungen binnen 30 Tagen nach einer Mandel-Operation ist im schlechtesten Viertel der Krankenhäuser fast dreimal so hoch wie im besten Viertel der Kliniken. Das zeigt eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) auf Basis des Verfahrens zur "Qualitätssicherung mit Routinedaten" (QSR). Der Durchschnittswert für erneute OPs wegen Nachblutungen liegt demnach bei 5,0 Prozent. In den besten Kliniken sind es bis zu 2,3 Prozent, im schlechtesten Viertel mindestens 6,8 Prozent.

Auch bei Störungen der Stimme, des Schluckens oder des Geschmacks innerhalb eines Jahres nach dem Eingriff gibt es laut WIdO deutliche Unterschiede: In den besten Kliniken waren keine solchen Komplikationen zu verzeichnen, im Viertel der schlechtesten lag die Rate der ärztlich dokumentierten Komplikationen innerhalb eines Jahres bei mindestens 2,3 Prozent.

Beim Gesamtergebnis, das neben den spezifischen Komplikationen auch Ereignisse ohne direkten Bezug zum Operationsgebiet wie beispielsweise Thrombosen berücksichtigt, zeigte sich in Bezug auf die Komplikationsraten ein Spektrum von bis zu 3,7 Prozent in den besten und mindestens 9,7 Prozent in den schlechtesten Krankenhaus-Abteilungen.

Die Datenauswertung bezieht sich nach Angaben des WIdO auf vollständige Entfernungen der Gaumenmandeln (Tonsillektomien), die aufgrund des Risikos von potenziell gefährlichen Nachblutungen stationär durchgeführt werden. Mit einbezogen wurden aber auch im Krankenhaus durchgeführte Teilentfernungen der Gaumenmandeln (Tonsillotomien) mit oder ohne Entfernung der Rachenmandeln (Adenotomie).

Erstmals auch Daten zur Indikationsqualität

Neben den Ergebnissen zur Behandlungsqualität bei Mandeloperationen bietet die AOK in ihrem Gesundheitsnavigator erstmals auch Daten zur Indikationsqualität an. Laut ärztlichen Leitlinien ist die Operation zur Entfernung der Mandeln wegen einer Entzündung in der Regel erst angezeigt, wenn die Betroffenen zuvor mehrfach wegen bakterieller Mandelentzündungen behandelt worden sind. "Diese Vorgabe wird jedoch längst nicht immer eingehalten", sagt Dr. Carola Reimann, Vorstandvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. "Daher zeigen wir im Gesundheitsnavigator erstmals den Anteil der Patientinnen und Patienten in der jeweiligen Klinik an, bei denen die Entscheidung zur Operation den Leitlinien-Vorgaben entspricht."

Abrechnungsdaten aus der ambulanten Versorgung

Für die Auswertungen zur Indikationsqualität werden laut WIdO auch Abrechnungsdaten aus der ambulanten Versorgung herangezogen. Bei den AOK-Versicherten mit einer Mandeloperation wegen häufiger oder dauernder Entzündung werde in den anonymisierten Daten überprüft, ob sie im Jahr vor der OP in mindestens zwei Quartalen wegen Halsschmerzen in ärztlicher Behandlung waren.

Daraus ergaben sich auch in Sachen Indikationsqualität deutliche Unterschiede zwischen den besten und den schlechtesten Kliniken. So lag der Anteil der Patientinnen und Patienten, bei denen im Jahr vor der OP nicht in mindestens zwei Quartalen eine Halsschmerz-Diagnose dokumentiert worden ist, im schlechtesten Viertel bei 26,4 Prozent oder höher. Im besten Viertel der Kliniken war der Anteil mit bis zu 14,4 Prozent nur etwa halb so hoch.

In die QSR-Auswertung für den Gesundheitsnavigator sind laut WIdO die Ergebnisse von mehr als 47.000 AOK-Fällen aus 352 Kliniken eingeflossen, die in den Jahren 2018 bis 2020 mindestens 30 Mandeloperationen bei AOK-versicherten Kindern oder Erwachsenen durchgeführt haben. Die einzelnen Indikatoren werden im Navigator zu einer klinikbezogenen Gesamtbewertung zusammengefasst: Die 20 Prozent der Kliniken, die am schlechtesten abschneiden, erhalten einen "AOK-Lebensbaum", die 60 Prozent durchschnittlich abschneidenden Kliniken zwei, die 20 Prozent besten Kliniken drei "AOK-Lebensbäume".