Regionen mit hohem Anteil Rauchender besonders stark von Lungenkrankheit COPD betroffen

WIdO veröffentlicht zum Weltnichtrauchertag den Gesundheitsatlas COPD mit einem bundesweiten Überblick zu regionalen Prävalenz-Unterschieden

Foto: Raucher mit Zigarette und Bart in Nahaufnahme

(21.05.21) In Regionen mit einem hohen Anteil von Rauchenden sind mehr Menschen von der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit COPD betroffen als in Regionen mit weniger Rauchenden. Das zeigt der "Gesundheitsatlas COPD", den das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) im Vorfeld des Weltnichtrauchertages am 31. Mai 2021 veröffentlicht hat. Der Anteil der COPD-Erkrankten an allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab 40 Jahren liegt in Regionen, in denen laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes besonders viele Raucherinnen und Raucher leben, bei 7,8 Prozent, während er in Regionen mit besonders niedrigem Anteil nur bei 6,3 Prozent liegt.

Die Erkrankung wird in den meisten Fällen durch das Rauchen verursacht. "Daher sind Angebote und Kurse zum Rauchverzicht die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Erkrankung", so der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. "Die Verantwortlichen in den Regionen können durch Informationen zur schädigenden Wirkung des Tabakkonsums bereits im Kindes- und Jugendalter präventiv ansetzen, um die Verbreitung der Krankheit in der Zukunft einzudämmen." Doch auch andere Faktoren wie die Feinstaubbelastung oder die Sozialstruktur in den Regionen spielen laut Gesundheitsatlas eine Rolle für die Prävalenz der COPD. Der Bundesbericht macht regionale Unterschiede bei der Krankheitshäufigkeit bis auf die Ebene der 401 Kreise und kreisfreien Städte transparent. Der bundesweit niedrigste COPD-Anteil findet sich laut der Auswertung mit 4,5 Prozent im baden-württembergischen Kreis Biberach, der höchste in der nordrhein-westfälischen Stadt Gelsenkirchen mit 12,1 Prozent.

Zum Hintergrund

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD ist eine Erkrankung, bei der eine Einengung der Atemwege ("Obstruktion") und in vielen Fällen eine Überblähung der Lunge ("Emphysem") vorliegen. Dadurch verschlechtert sich die Lungenfunktion und der Gasaustausch bei der Atmung funktioniert weniger gut. Typischerweise zeigen COPD-Patienten die "AHA"-Symptome: Atemnot, Husten und Auswurf. Diese Symptome nehmen im Krankheitsverlauf typischerweise zu, da die der COPD zugrunde liegende Lungenschädigung irreversibel ist. Zu Beginn der Erkrankung verspüren die Patienten Atemnot nur bei erhöhter körperlicher Belastung, in späteren Stadien liegt die Luftnot dann dauerhaft auch schon im körperlichen Ruhezustand vor.

Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung einer COPD stellt in Deutschland das Tabakrauchen dar. Zudem können Luftschadstoffe die Lunge schädigen und die Entstehung der Erkrankung verursachen. Beispielsweise kann es im Rahmen einer beruflichen Exposition gegenüber bestimmten Stäuben zu Lungenschäden und der Ausbildung einer COPD kommen. Auch die Belastung der Außenluft durch Schadstoffemissionen kann zur Verschlechterung der Lungenfunktion beitragen.

Zur Behandlung der COPD gibt es keine Therapiemöglichkeiten, die kausal in das Krankheitsgeschehen eingreifen und die Patienten heilen könnten. Allerdings ist es wichtig, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Leistungsfähigkeit der Betroffenen so lange wie möglich zu erhalten. Dazu sollte jede Form der körperlichen Aktivität von COPD-Patienten gefördert werden. Bei rauchenden COPD-Patienten wird ein kompletter Rauchverzicht angestrebt, da die Verschlechterung der Lungenfunktion dadurch verlangsamt werden kann. Schließlich können Medikamente die Symptomatik der COPD lindern. Damit den Patienten mit COPD das Management ihrer Erkrankung gut gelingt, gibt es zahlreiche seriöse Informationsquellen, Selbstmanagementstrategien sowie die strukturierten Disease‐Management‐Programme. Diese helfen dabei, die Lebensqualität und körperliche Belastbarkeit der Patienten zu verbessern und haben das Ziel, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.

Tabakrauchen ist in Deutschland der relevanteste Risikofaktor für COPD. Die Prävention des Tabakrauchens ist daher insgesamt die wichtigste Strategie zur Vermeidung zukünftiger COPD-Erkrankungen. Luftschadstoffe können ebenfalls zur Entstehung einer COPD beitragen. Im Falle einer erhöhten beruflichen Exposition müssen entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen ergriffen werden, um Lungenschäden durch Luftschadstoffe zu verhindern. Auch die Luftverschmutzung im Allgemeinen steht unter Verdacht, die Entstehung einer COPD zu begünstigen. Verschiedene Studien belegen die nachteiligen Auswirkungen einer erhöhten Feinstaubexposition bei COPD-Patienten auf eine akute Verschlechterung der Symptomatik (Exazerbationen), Krankenhauseinweisungen und erhöhte Sterblichkeit. Im Rahmen eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes sollten daher die Emissionen von Luftschadstoffen reduziert werden. Zudem sollten langfristige Forschungsvorhaben gefördert werden, um eine genauere Beurteilung der späteren Risiken der Luftverschmutzung nach jahrelanger Exposition zu ermöglichen.

Die COPD ist eine häufige Erkrankung der Lunge, bei der betroffene Patienten typischerweise unter Atemnot, Husten und Auswurf ("AHA"-Symptome) leiden. Insgesamt sind in Deutschland laut Gesundheitsatlas 3,4 Millionen Menschen an einer COPD erkrankt. Das entspricht einer Prävalenz von 7,1 Prozent unter allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab einem Alter von 40 Jahren. Im Vergleich der Bundesländer ist der Anteil der COPD-Erkrankten in Baden-Württemberg mit 5,8 Prozent am niedrigsten, gefolgt von Sachsen (6,0 Prozent) und Bayern (6,2 Prozent). Den höchsten Anteil hat Berlin mit 8,6 Prozent, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (8,4 Prozent) und dem Saarland (8,1 Prozent). Sehr niedrige Prävalenzen finden sich in vielen Kreisen im südlichen Baden-Württemberg und im südlichen Bayern sowie in einigen Kreisen Sachsens und Hessens. Überdurchschnittliche Prävalenzen gibt es dagegen in Teilen Nordrhein-Westfalens, in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in vielen Kreisen in der Mitte Deutschlands.

Die Häufigkeit der Erkrankung steigt mit zunehmendem Alter und erreicht ihren Höhepunkt in der Altersgruppe der 85- bis 89-Jährigen. In dieser Altersgruppe waren 16,4 Prozent der Männer und 11,6 Prozent der Frauen betroffen. "Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern können durch das unterschiedliche Rauchverhalten bei Männern und Frauen erklärt werden", so Helmut Schröder. "In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten war der Raucheranteil in Deutschland unter den Männern stets deutlich höher als unter den Frauen."

Höhere COPD-Prävalenz in Regionen mit hoher Feinstaubbelastung

Neben dem Rauchen scheint auch die Feinstaubbelastung eine Rolle für die Häufigkeit der COPD zu spielen: In den deutschen Regionen mit der laut Umweltbundesamt niedrigsten Feinstaubbelastung beträgt die Prävalenz der COPD lediglich 6,7 Prozent, in Kreisen und kreisfreien Städten mit der höchsten Belastung dagegen im Schnitt 7,7 Prozent. "Luftschadstoffe können zur Entstehung einer COPD beitragen oder die Symptomatik bei COPD-Erkrankten verschlimmern. Die kurzfristigen Auswirkungen von Feinstaub auf Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und auf die Sterblichkeit bei COPD-Erkrankten sind gut durch Studien belegt", sagt Helmut Schröder. Laut Gesundheitsatlas kommt die COPD in Großstädten häufiger vor als in Regionen mit geringer Siedlungsdichte; auch hier könnte der Faktor Luftverschmutzung aus Sicht der Experten eine Rolle spielen.

Höhere COPD-Prävalenz in materiell und sozial benachteiligten Regionen

Zudem zeigt der Gesundheitsatlas einen Zusammenhang zwischen der COPD-Häufigkeit und der sozialen Struktur der Regionen: Menschen aus materiell und sozial benachteiligten Regionen sind mit einer Prävalenzspanne von 7,7 bis 7,9 Prozent häufiger von COPD betroffen als Menschen aus vergleichsweise wohlhabenden Regionen mit einem hohen sozialen Status, in denen die Spanne bei 6,2 bis 6,6 Prozent liegt.

Der Gesundheitsatlas bietet neben einem Vergleich der tatsächlichen Krankheitshäufigkeit auch eine Modell-rechnung, die einen "fairen" Vergleich zwischen den Regionen ermöglicht: Hierbei werden die Unterschiede herausgerechnet, die durch die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstruktur der Bevölkerung in den einzelnen Kommunen des Landes entstehen. "Insgesamt bleiben die regionalen Unterschiede bei der Krankheitshäufigkeit im fairen Vergleich bestehen, die Ergebnisse unterscheiden sich kaum", so Helmut Schröder.

Hochrechnungsverfahren ermöglicht Aussagen auf lokaler Ebene

Für den Gesundheitsatlas wurde ein Hochrechnungsverfahren verwendet, das vom WIdO in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt wurde. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der Gesamtbevölkerung Deutschlands bis auf die regionale Ebene. Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein innovatives statistisches Verfahren herausgerechnet. Erklärtes Ziel des Gesundheitsatlas ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen. In die Analyse einbezogen wurden Personen ab 40 Jahren mit einer ärztlich dokumentierten COPD-Diagnose oder einer Teilnahme am Disease-Management-Programm (DMP) COPD. Bei den auf ärztlich dokumentierten Diagnosen basierenden COPD-Fällen wurden nur Personen berücksichtigt, die wegen COPD im Krankenhaus behandelt wurden, die wiederholt eine ärztliche Behandlung in Anspruch nahmen oder die ein COPD-spezifisches Medikament erhielten. Alle Anteilswerte beziehen sich auf die Bevölkerung ab 40 Jahren.

(Pressemitteilung des Wissenschaftlichen Instrituts der AOK (WIdO) vom 21.05.21)